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Donnerstag, 15. Mai 2014

Virtuosentum vs. Clownerie

Am 21. Juni spiele ich mit meinen Kollegen Hear and Now im Rahmen der Fête de la Musique im Kulturforum Berlin Hellersdorf. Klingt erst einmal nicht danach, als würde wir dort hin passen, aber da wir unbedingt mehr spielen wollten, habe ich mich sehr gefreut eine Zusage einer Location zu bekommen. Man muss sich als Act nämlich bewerben und die Bühnen suchen dann aus, wen sie auftreten lassen wollen. Alles natürlich unendgeltlich, wie üblich bei der Fête. Ich telefonierte mit einer netten Dame vom Kulturforum und wir sprachen darüber, was wir überhaupt machen. Das ist jedes Mal schwer zu sagen, da wir nicht wirklich das Label Jazz haben. Wir klingen oft nicht nach Jazz und manchmal sehr. Improvisation lässt sich eben schwer in die Schublade stecken. Gut, dass die Dame unsere Videos vorher gesehen hat. Sie meinte, wir würden gut ins Programm passen, wo andere Jazz und "leichte Klassik" (also Pop Klassik mit einfachen, bekannten Melodien, vermute ich mal. Klassik Radio lässt grüßen. Bloß keinen überfordern... ;)) spielen. Also werden wir gesandwicht von dort wohl schon bekannten Acts. Gute Sache und eigentlich auch egal, denn wir wollten einfach nur spielen. Unser Label heißt also nun Jazz, Experimentell, Improvisation. Passt ja auch. Bin gespannt, wer kommt. Die Jazzpolizei vermute ich. Also ältere, graue Herren, die guten Dixiland erwarten. Naja, den bekommen sie jedenfalls nicht.

Musik-Clown
Ungarische Briefmarke 1965
Quelle: wikimedia.org
Mir ist nur aufgefallen, dass die Dame mich fragte, ob ich denn den anderen Musiker kenne. Immerhin ist er verwand (der Vater oder so) mit einem bekannten Dirigenten. "Aha", dachte ich. "Keine Ahnung", sagte ich. Ich schaute mir aber aus Neugier natürlich die Website an. Da fand ich also einen 18 jährigen Pianisten und Gitarristen. Der bezeichnet sich selbst als Ausnahmetalent. Presseartikel, die nur davon sprachen, wie schnell er spielen konnte, konnte ich dort finden. Und dass er seit dem 6. Lebensjahr Klavierunterricht hat. Aha. Mal wieder so ein Fall von "Beeindrucken durch scheinbare Sensationen". Über dieses "Ich habe schon mit 3 Monaten meine erste Beethoven Sonate auswendig gespielt" in Lebensläufen habe ich schon in meinem Podcast gesprochen. Was soll das? Glauben immer noch alle an den Mozart-Wunderkind-Mythos in jedem gott verdammten Musiker? Wem bringt das was? Es gibt genug Leute, die zwar gut spielen, vielleicht auch weil sie so früh angefangen haben, aber es gibt auch wenige, die wirklich gut Musik machen, trotzdem sie so früh angefangen haben. Könnt ihr mir folgen? Was sagt das aus? Erst einmal gar nichts. Dann der zweite Fakt, dass die Presse einen  lobt, weil man so schnell spielen kann. Wer braucht das? Das ist beeindrucken von ahnungslosen Nicht-Musikern. Das ist Leistungssport auf der Bühne und hat nichts mit musikalischem Können zu tun. Das könnte sogar ein Esel, wenn er nicht so große Hufen hätte. Man muss nur lang genug üben. Am besten man fängt mit 6 Jahren an. Und wenn man dann groß genug ist, von seinen Ahnen auf eine Bühne geschliffen zu werden, kann man dann bewundert werden, wie ein Pudel in der Manege oder der stärkste Mann der Welt auf dem Jahrmarkt. Man kann vielleicht sogar der Presse keinen Vorwurf machen. Oft wissen sie einfach nicht, was sie über die Musik schreiben sollen, weil sie keine Fachpresse sind. Also beschränkt man sich auf das Offensichtliche, also die Effekte. Aber es ist das selbe, als würde man einem Fotografen sagen, dass er eine tolle Kamera hat. Nur wenn man dann selbst mit diesen Presseartikel wirbt und sich auch noch deswegen Ausnahmetalent nennt, finde ich das einfach misslungene Werbung für sich selbst. Natürlich muss man sich als Künstler irgendwie verkaufen, damit man auch voran kommt, aber braucht man dafür einen Formulierungen, die klingen, als würden sie die neue Mercedes S-Klasse bewerben? Warum nicht einfach die Musik für sich sprechen lassen? Das Problem daran ist: Man schürt Erwartungen. Und was passiert, wenn der arme Junge irgendwann dahinter kommt, dass es nicht darum geht, am schnellsten zu spielen, sondern den richtigen Ton zur richtigen Zeit? Dann wird sich wohl die Musikerverwandtschaft spöttisch abwenden und meinen, er hätte eine große Karriere vor sich gehabt. Hört endlich auf damit, ein Mozart-Wunderkind-Bild zu malen. Alle machen Musik, sogar mehr, als man glaubt. Und es gibt tausende, die besser spielen, nicht schneller, aber besser. Und um so mehr kommt es darauf an, man selbst zu sein und so zu spielen, wie man selbst es will. Wenn man spielt, um das Publikum zu beeindrucken mit spieltechnischen Effekten, sollte man im nächsten Zirkus die armen Tiere befreien und sich an deren Platz zur Verfügung stellen. Virtuos ist das eine, aber es kann schnell zur Clownerie verkommen.



Hear and Now
zur Fête de la Musique

am 21. Juni
19-20 Uhr
Eintritt frei
ab 21 Uhr Jamsession mit allen Musikern des Tages



Dienstag, 2. Juli 2013

Es gibt sie wirklich diese Anfragen

Vor einiger Zeit kursierte im Internet ein kleiner Mailwechsel zwischen einem Restaurant und einem Musiker, der auf die Anfrage der Gastronomen reagiert. Hier das Original:

Quelle: echtlustig.com
Was hier auf der Website mit Namen "Echt lustig" bezeichnet wird, finde ich als Musiker eigentlich gar nicht mehr lustig. So geschehen erst gestern. Ich erhielt einen Anruf vom Inhaber eines Restaurants in Berlin Prenzlauer Berg. Schon im Eingangssatz wurde erwähnt, dass das Etablissement nächstes Jahr einen Gourmetstern erhalten wird. Außerdem fiel mehrfach das Wort "deutsch" im Zusammenhang mit: "Wir sind ein deutsches Weinlokal. Wir machen einen deutschen Abend mit deutschen Weinen und wollen dazu von Ihnen deutsche Klassiker gespielt haben auf dem Klavier". Dass das Klavier dabei nicht auch deutsch sein sollte, verwunderte mich zu diesem Zeitpunkt bereits. Nun gut. Professionell höre ich mir die Fakten an und nehme die Daten auf, schaue nach ob ich Zeit habe und mache ein Angebot. Das wurde auch akzeptiert. Warum auch nicht, denn die Veranstaltung ist in fünf Tagen. Die Zeit drängt also und ich hörte schon heraus, dass es eigentlich egal ist, welcher Musiker da nun zwischen den Gästen sitzen und zwischen den Gängen des Menus spielen sollte. Deutsche Klassiker. Ich wieß gen Ende des Gesprächs darauf hin, dass ich keine Kompositionen spiele, sondern ein Improvisationsmusiker bin. Ich erläuterte den exquisiten Charakter, weil individuelles Erlebnis, nicht wiederholbar. Das sind eben die Vorzüge der Improvisation. Schien mir auch passend das zu betonen, wenn sie schon so einen tollen exquisiten Laden haben, zu dem ich ganz vergessen hatte, zu gratulieren. Ist ja klasse. Mein Gegenüber schien überrascht, dass ich seinen Wunsch nach deutschen Klassikern zurückwies. Er hatte nicht einmal meine Website besucht und gesehen oder gehört, was ich mache. Schließlich haben ja Künstler kein Geld und müssten doch bereit sein jeden Kundenwunsch zu erfüllen. Er wollte also kurz Rücksprache mit seinem Bruder halten und zurückrufen. Der Bruder rief dann wenige Minuten später zurück. Ihm erklärte ich auch nochmal meine Kunst. Aber fest buchen wollte er noch nicht. Ich gab Bedenkzeit, weil ich da bereits spürte, dass ich mich nicht so wohl fühle bei der Sache. Auch er wollte gleich zurückrufen. Tat er dann aber nicht. Nun gut, ich hab noch andere Dinge zu tun, als auf Anfragen am Telefon zu warten. Als ich später nach Hause kam, war ein Anruf auf der Mailbox. Die Worte "...Wir würden es gerne mit Ihnen probieren." Unterton eher: Wir wissen nicht, was Sie da machen, aber zur Not kann man sich ja auch hinterher noch beschweren. Das war zumindest mein weiter wachsendes negatives Bauchgefühl. Ich entschloss mich, nicht gleich, sondern erst heute zurückzurufen. In der Zwischenzeit habe ich hin und her überlegt. Es ist natürlich nicht so, dass man Geld einfach ausschlagen will, wenn es eine Anfrage gibt. Aber mein schlechtes Bauchgefühl wollte sich einfach nicht mit der Aussicht auf Gage bessern lassen. Also entschied ich mich abzusagen. Ich sprach dem guten Mann auf die Mailbox, dass ich die Veranstaltung nicht spielen werde und wünscht ihm viel Glück bei seiner Suche. Später rief er zurück. Meine Frau nahm das Gespräch an. Sie erklärte noch einmal den Sachverhalt, dass ich nicht spielen werde. Der Anrufer war verwundert, warum ich denn nicht zu Hause wäre. Außerdem klang er danach, als hätten wir bereits einen Vertrag geschlossen und alles wäre klar. Dann fragte er meine Frau, ob sie nicht einen anderen Pianisten kennenwürde. Immerhin haben sie ein hervorragendes Restaurant. Es werden viele Unternehmenschefs kommen zu dem Essen. Also ein Rahmen, bei dem sich ein Künstler hervorragend präsentieren könnte vor exquisitem Publikum. Es wäre ja eine Chance quasi. Meine Frau schlug trocken Google vor und verabschiedete sich dann.

Zurück blieb ein konsternierter Restauirantinhaber, der nicht verstand, dass er selbst einen Künstler suchen muss, sich vorher einmal die Website ansehen und Hörbeispiele hören sollte, bevor er eine überhebliche Anfrage stellt. Mein Bauchgefühl hatte mich nicht im Stich gelassen. Einige Formulierungen klingen wie Signale in meinen Ohren nach: "Gourmetstern, präsentieren, Unternehmenschefs, Chance". Nichts lief auf Augenhöhe ab. Der Respekt war nur oberflächlich. Es sollte eine Dienstleistung vollbracht werden und mehr nicht. Es sollte irgendjemand, irgendetwas Deutsches spielen. Es wurde der erste Treffer bei Google angerufen. Ok, danke dafür. Aber so? Es hat mir wieder gezeigt, dass mich das Gagenangebot allein nicht glücklich macht. Dass es viele Menschen mit Geld gibt, die Macht über einen ausüben wollen. Nicht nur über mich, sondern sogar über Unbeteiligte, wie meine Frau, die er am liebsten noch googlen lassen wollte. Man könnte meinen, diese Menschen meinen es ja nicht so. "Du kennst die doch gar nicht persönlich" Ich hätte einfach Nein sagen können und gut. Nein, das ist nicht so einfach abgetan. Das sind genau solche Anfragen, die ich frech und unhöflich finde, weil sie arrogant und herablassend dem Künstler gegenüber ankommen. Auch wenn man keine Ahnung hat von Kunst, kann man einfach mal freundlich nachfragen. Aber von seinem tollen Laden zu sprechen und den tollen Kunden, die so viel Einfluss haben, das soll nur zeigen, wie klein du als Künstler bist und hier hast du, Hofnarr, eine kleine Chance, dass du vor den Herrschaften spielen "darfst"! Weil du ja sonst nur zu Hause am Hungertuch nagst. Nein, soetwas möchte ich nicht bedienen. Ich möchte nicht zum reinen Objekt der Dienstleistung verkommen. Auch wenn diese Jobs für uns Künstler immer wieder wichtig sind. Ich versuche soetwas so oft es geht zu vermeiden. Denn das Geld macht doch nicht glücklich, sondern es zu Vermeiden, mit solchen Menschen etwas zu tun zu haben. Bei qype.de wurde treffend in einer Berwertung zum Restaurant geschrieben:

"Ostentativ höherpreisig-heimatverbundene kost, mit der man im revier von leuten, die ihre kinder otto, emma und paul nennen, fischen möchte. könnte funktionieren, dröges angebiedere an einen kiez ist es dennoch."

Und nun habe ich am Samstag frei und werde mit meiner erst am letzten Samstag geheirateten Frau einen tollen Tag verbringen. Wohl eher in einem anderen Restaurant.

Samstag, 8. Oktober 2011

Vokabeltraining - Kommunikation zwischen Improspieler und Musiker

Laut Systemtheorie existieren soziale Systeme nur durch Kommunikation. Heißt: Wer nicht mit einander spricht, ob verbal oder nonverbal, hat keine Beziehung zu einander. Sicherlich etwas herunter gebrochen, doch ganz brauchbar im Ansatz. Probleme in einer zwischenmenschlichen Beziehung entstehen in den meisten Fällen auf Grund fehlender oder mangelhafter Kommunikation der Beteiligten. Und selbst, wenn miteinander gesprochen wird, heißt es noch lange nicht, dass das Gegenüber versteht, was gesagt wurde. Wichtig ist dabei eine gemeinsame Sprache zu sprechen oder sich auf ein gemeinsames Vokabular zu einigen.

In der Kommunikation zwischen Improspielern und Musikern herrscht oft eine Schieflage, weil Improspieler eben nicht die Vokabeln der Musik kennen. Daher rühren auch Aussagen, wie "schöne Musik", die so unkonkret sind, dass sie schon fast beleidigen, obwohl gut gemeint. Ich möchte eine kleine Hilfe geben, welche Vokabeln für den Improspieler hilfreich sind, um auszudrücken, was sie von ihrem Musiker wollen. Diese Beschreibungshilfen kommen zum Großteil aus der Musikanalyse oder Spielanweisungen und betreffen vor allem Tempobezeichnungen, Charakter und Artikulation. Für viele schon in der Schule ein Graus, bedient sich die Musikanalyse jedoch einem einfachen Mittel: der Metapher. Viele musikalische Zusammenhänge werden nicht nur mit Fachtermini erläutert, sondern gerade in der Musikwirkung verwendet man Bilder. Ich werde versuchen neben Fachbegriffen auch Anregungen für Bilder zu geben, die eine Kommunikation zwischen Improspielern und Musikern vereinfachen können. Jedoch bleibt es immer dem sozialen System überlassen, welche Sprache gemeinsam gesprochen wird. Daher ist es immer hilfreich gemeinsame Vokabeln zu entwickeln. Die erhöhen letztlich auch das Zusammengehörigkeitsgefühl.

Tempo - Tempobezeichungen

In der klassischen Musik gibt es italienische Begriffe für Tempoangaben. Da dies nicht sehr praktikabel ist für Nicht-Musiker, gebe ich Anregungen in deutscher Sprache. Man sieht sehr gut, wie bildhaft das sein kann. Die Auflistung beginnt bei einem langsamen Tempo und steigert sich zu einem schnellen

breit, schwer, langsam, ruhig, gehend, schreitend, mäßig, schnell, munter, lebhaft, lebendig, sehr schnell, äußerst schnell. rasend, rasant

Ergänzend gibt es Charakterbezeichnungen, die auf das Tempo bezogen werden können:

lethargisch, phlegmatisch, lieblich, gesanglich, getragen, geistvoll, mit Ausdruck, mit Pathos, majestätisch, marschierend, zart, mit Liebe, heiter, schwungvoll, feurig, mit Leidenschaft, fröhlich, hektisch, hysterisch

In der moderneren Musik wird das Tempo nicht mehr mit italienischen Begriffen angegeben. Man führte die "Schläge pro Minute" bzw. "Beats per minute", abgekürzt bpm, ein. Während die althergebrachten Tempoangaben eher Gefühlssache und analog daher kommen, ist die Zahl der bpm eine digitale Variante. Auch wenn niemand ohne Metronom in der Lage sein dürfte, exakt 127 bpm zu spielen, so ist eine Zahl dennoch hilfreich, wenn man keine der oben genannten Begriffe verwenden möchte. Ich lasse mir in Improvisationen auch gern vom Publikum eine Zahl zwischen 60 und 150 geben und meine damit bpm, ohne dass ich dies vor der Abfrage erkläre. Ich treffe dann zwar auch nicht die 78 bpm, jedoch weiß ich, dass es ein langsames Stück wird.

Wie also mit bpm umgehen?

Auf der Website http://a.bestmetronome.com/ gibt es eine Online-Variante eines Taktgebers. Zu hören sind die Grundschläge des Rhythmus, das Metrum. In einem Techno-Rhythmus ist das Metrum durch die Bass-Drum hörbar gemacht und verstärkt.

Probiert aus, welche Zahlen welches Tempo bedeuten. In einem Keyboard oder elektronischen Piano ist meist ein Metronom eingebaut.


Beispiele:


Liebesballade: ca. 60-90 bpm
ruhiger Bossa Nova: ca. 105-115 bpm
tanzbares Lied: ca. 120-130 bpm
schneller Rocksong: ca. 140-160 bpm
schneller Swing, Bepop: ca. 160-220 bpm


Jede Musik hat ihren Charakter, jede Musik macht Bilder im Kopf.

Wenn es nicht nur um das Tempo eines Liedes gehen soll, bedient Euch dessen, was Ihr als Improspieler ständig tut: Assoziationen. Sie sind Bilder in unserem Kopf. Was stellt Ihr Euch vor, wenn es ein getragener, langsamer Song werden soll? Beschreibt das Bild mit Euren eigenen Worten und lasst das Bild vom Musiker mit seinen Worten ergänzen, um heraus zu finden, ob er verstanden hat, was Du meinst. Malt zusammen das Bild aus. Es wird ja auch ein gemeinsamer Song, Eure gemeinsame Improvisation, also auch Eure gemeinsame Assoziation, in die jeder seine mit dazu tut. Stellt Vergleiche an!

Beispiele

Die Strophe ist wie ein alter König, der auf seinem Thron sitzt und gütig auf sein Volk schaut. Im Refrain versucht sein Gegenspieler ihn zu vergiften. Am Ende stirbt der König einen langen qualvollen Tod. Der Gegenspieler triumphiert und feiert mit seinem Gefolge.

Das Lied ist wie ein warmer Sommerwind auf einem weiten Feld. Die Sonne scheint dir mitten ins Gesicht. Du bist glücklich und könntes springen und die Welt umarmen vor Liebe.
Ein betrunkener turkelt die Straße entlang und sucht seinen Wohnungsschlüssel. Dabei erinnert er sich an einen Abend in einem verrauchten Jazzkeller.

Das absolut Böse spricht aus Dir und Deiner verzerrten elektrischen Gitarre. Alles sind schwarz gekleidet und der Rhythmus des Songs hämmert gnadenlos. Düster und kraftvoll klingt der Teppich auf dem der wütende Gesang zu hören ist.

Man muss sicherlich nicht gleich eine ganze Geschichte erzählen. Immerhin sollte der Musiker auch seinen Freiraum behalten, den er in der Improvisation assoziiert und in Musik umsetzt. Jedoch helfen bildhafte Vokabeln eine gemeinsame Vorstellung von der Musik zu bekommen. 

Strophe, Refrain, Riff, Lick....

Eine sich wiederholende Folge von Harmonien bzw. Akkorden, worauf eine Melodie gesungen werden kann, kann wie folgt benannt werden:

Turn Around, Schleife, musikalischer Teil/Part, Kadenz

Eine längere wieder erkennbare Melodielinie kann Thema oder Hookline genannt werden. Sie ist charakteristisch für den Song und macht meistens den Refrain aus.

Kleinere Melodielinien können Linie, Motiv, Lick oder Riff genannt werden. Meist sind dies wiederholte Teile, die in der Begleitung stecken. Eines der berühmtesten Riffs kennt man aus "Smoke on the water" von Deep Purple. Rockmusik arbeitet sehr viel mit Riffs. Ob im Bass oder in den Gitarren.

Strophe, Bridge und Refrain sind verschiedene musikalische Teile eines Liedes, die oft auch verschiedene Harmonien haben und sich daher von ein ander absetzen. Das muss aber nicht die Regel sein.

Musik in der Szene

Die Bildhaftigkeit in der Kommunikation bleibt auch hier ein guter Weg. Drei Beispiele für Musik in Szenen und ihre Bezeichung:

empathisch: Musik vermittelt Gefühle der Figuren/Szene
kontrapunktisch: Musik setzt Gegensatz zur Szene oder einzelnen Figuren
didaktisch: Musik suggeriert Distanz/Ironie
Mickey Mousing: Musik kommentiert, zeichnet und untermalt Handlungen/Figuren Comic-haft


Diese Auflistung ist sicher nicht vollständig und vielleicht benutzt Ihr andere Vokabeln. Gern könnt Ihr die Kommentarfunktion zum Ergänzen benutzen. Sie sollen anregen, miteinander über die Musik zu sprechen und konkreter werden zu können in Feedbacks oder Anweisungen. Das wichtigste am gemeinsamen Improvisieren ist und bleibt die Kommunikation. Redet miteinander über das Reden mit einander!



Literatur/Links:


http://de.wikipedia.org/wiki/Tempobezeichnungen#Gebr.C3.A4uchliche_Tempoangaben
http://www.bestmetronome.com
http://de.wikipedia.org/wiki/Hookline

http://members.chello.at/suntinger/pdf/Filmanalyse/Vokabular%20Filmanalyse.pdf
http://www.so-seidel.de/ANALYSE/formulierung.pdf

Freitag, 19. August 2011

Trainieren mit dem Musiker

Man mag für Improtheater ungern den Begriff “Probe” verwenden. Die meisten Spieler sprechen von Training. Sonst klingt alles so nach einstudieren und zu festen Strukturen. Aber halt! Wenn man mit dem Musiker trainiert, ist es durchaus eine Probe. Je nachdem, welche Auffassung man von der Rolle der Musik im Improtheater hat. Man kann feste Liedstrukturen, wie das allseits beliebte Strophe-Strophe-Refrain-Strophe-Refrain-Schema proben. Die Struktur ist ja in fast allen Ensembles fest und die gleiche. Manche trauen sich sogar eine Bridge zu, also einen weiteren musikalischen Teil. Leider kleben dennoch zu viele an diesem Schema, statt auch bei Auftritten seiner musikalischen Inspiration freien Lauf zu lassen. Das Ergebnis ist zwar ein Lied in fester Form, das aber oft langweilig ist. Ist der Spieler auch noch nicht ganz sattelfest im Singen, kann man nur darauf hoffen, dass das Publikum wenigstens schon davon begeistert ist, dass man überhaupt mit Musik improvisiert.

Der Weg ist auch hier manchmal das Ziel.

Wie kann also eine Probe mit dem Musiker aussehen? Man versuche neue Formen zu finden. Inspirierende Formen, die offen genug sind, dass sie auch dem Musiker Spaß machen und die Möglichkeit geben die Impro einfach fließen zu lassen. Im Idealfall zu einer Art Refrain, einem Teil, der so gut gelungen und schön ist, dass man ihn am liebsten ewig wiederholten möchte. Das ist für das Publikum auch spannend! Der Weg ist auch hier manchmal das Ziel. Es ist spannend zu sehen und zu hören, wie sich ein Song entwickelt und zu einem schönen Höhepunkt gelangt. Das feiert das Publikum oft mehr, als eine feste Strophen-Refrain-Form. Das ist die Magie der Improvisation. Der Rest ist Abrufen von Strukturen. Wenn der Musiker dann auch noch beliebte Harmoniefolgen abruft, wird das Ganze nur langweilig. Auch hier kann man sich gegenseitig überraschen.

Außerdem ist es möglich verschiedene musikalische Genres auf typische musikalische Parameter zu untersuchen und gemeinsam auszuprobieren. Vielleicht gibt es eine bestimmte Art zu singen, wie in orientalischen Stilen. Oder es gibt einen prägnanten Rhythmus, den man erst einmal gemeinsam fühlen muss. Außerdem ist es gerade im Training möglich, die Informationsebene in Songs völlig auszuschalten und in Gromolo bzw. Kauderwelsch wunderschöne Laute zu formen und eine Kunstsprache zu singen. Dabei kann man sich dann ganz auf die Melodie oder den Rhythmus konzentrieren. Erwartet nur bitte nicht, dass der Musiker die Jukebox ist, wo man nur auf Start drückt und los geht’s. Gebt ihm auch die Möglichkeit sich auszuprobieren. Er ist nicht nur Grundlage, auf der ihr singt, sondern improvisiert mit Euch zusammen! Das Scheitern gehört auch hier dazu. Ungewöhnliche Harmoniefolgen sind kein Fehler, sondern vielleicht der mutige Versuch, mal etwas Neues zu machen. Lasst Euch darauf ein. Es ist oft spannender, als die beliebten Popmusik-Akkorde.

Außerdem habt Ihr im Training die Möglichkeit musikalische Stimmungen auf Euch wirken zu lassen, ohne gleich eine Szene zu spielen. Auch ein Imaginieren kann hilfreich sein für spätere Spielsituationen. Erzählt Euch von Euren Bildern, die im Kopf entstehen, wenn der Musiker verschiedenes ausprobiert. Die Betonung liegt auf Ausprobieren und nicht Abrufen! Auch als Musiker unterliegt man oft genug der Falle, immer wieder auf Bekanntes und Sicheres zurückzugreifen. Das Klavier hat nicht nur Tasten, sondern auch Saiten. Und im Grunde kann man mit diesem Holzschrank auch andere Geräusche hervorrufen oder sogar trommeln. Ob auf den Tasten oder auf dem Deckel. Alles trägt zu den Bildern im Kopf bei.
Bezahlt ihn!

Bei meinem letzten Workshop wurde ich gefragt, wie man Musiker dazu bringt, mit Improgruppen zu trainieren und aufzutreten. Es gibt kurze Antworten dazu:

1. Seid als Improgruppe inspirierend für den Musiker und gebt ihm das Gefühl des gemeinsamen Improvisierens.

2. Tretet auf und gebt ihn bei Auftritten seine Freiheiten.

3. Bezahlt ihn!


Auch wenn Geld der schlechtere Motivator ist, manchmal hilft es einen Musiker zu finden, wenn schon die intrinsische Motivation nicht funktioniert. Vor allem Amateurgruppen, die Improtheater als Hobby betreiben, scheuen sich davor den Musiker zu bezahlen. Denkt daran, dass der Musiker wahrscheinlich viele Jahre in seine Ausbildung investiert hat. Nicht nur Zeit, sondern auch Geld. Und überprüft, ob ihr auch soviel in Eure Ausbildung zum Improspieler getan habt. Wenn Euch das Argument der Bezahlung abschreckt von der Musik beim Improtheater bleibt Euch immer noch der große Bereich des A-Capella-Singens. Aber auch dafür müsstest Ihr mindestens ein Mal den Musiker bezahlen, der Euch dafür den Workshop gibt.

Dieser Artikel wurde von mir bereits am 27.12.2010 auf impro-news.de veröffentlicht.