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Freitag, 5. September 2014

Abfragen und Vorpubvertäres

Nur eine Abfrage ans Publikum


Publikumszettel für das Zettelspiel
Immer wieder entsteht die Diskussion unter Kollegen des Improtheaters, ob Publikum schnell unzufrieden ist, wenn es nur wenige oder nur am Anfang einer Langform Abfragen gibt. Man lässt sich zu Beginn ein Setting und Charaktere von Zuschauern ausstatten und los geht's. Was dann folgt ist eine Langform, keine Theatersportspiele und oft eine zusammenhängende Geschichte, die sich über zwei Hälften erstreckt. Ich spiele mit dem Improtheater Paternoster auch eine solche Langform, nur fragen die Spieler relativ häufig zwischen durch. Auch wegen der "Beschwerde", man würde sonst zu wenig fragen oder viel weniger, als in einer Gameshow. Also würde das Publikum weniger eine tragendene und beeinflussende Rolle haben. Aus dieser Unsicherheit wird also oft an Stellen das Publikum gefragt, wo die Story gar keine Unterbrechung verträgt. "Soll er sterben oder nicht? etc.". Wenn Abfragen dann in emotionalen Höhepunkten passieren, werde ich völlig aus der Emotion und Story gerissen, nur dafür, dass das Publikum abstimmen kann und noch mal bestätigt bekommt, dass es im Improtheater sitzt. Ich finde diese Abfragerei in der Langform in der Art oft unnötig. Es zerreißt einen schönen Moment und man kommt nicht so schnell wieder ein. Ganz abgesehen davon, dass ich die Musik unterbrechen muss und es wie eine Werbeunterbrechung im Fernsehen wirkt. 

Die Frage ist also: "Wieviel Abfrage ist nötig? Wann ist das Publikum zufrieden?" Ich denke, dass das von Zuschauer zu Zuschauer unterschiedlich ist. Es kommt auf die Erwartungen an, die im Vorhinein geschürt werden. Ganz konkret für diese eine Show und allgemein im Improvisationstheater. Denn alle stützen sich bei der Werbung drauf, dass das Publikum der Entscheider ist und Ideen geben kann. Dabei sollte der Fokus doch darauf liegen, dass das Ganze improvisiert ist und aus dem Moment heraus entsteht. Allein das müsste die Menschen doch ins Theater bewegen und staunen lassen. Es geht doch um die Lust am Spontanen, nicht um die Macht, die ich als Publikum dann auch noch in der Show mit meinen Eingaben habe, neben dem Eintrittsgeld, das auch eine gewisse Macht ausübt auf die ausführenden Personen. Genügt es nicht am Anfang einen Startpunkt zu setzen und dann eine Geschichte zu sehen, die gut gespielt ist und meine Erwartungen an eine Geschichte, nicht ans "Mitbestimmen" erfüllt. Die Crumbs aus Kanada machen das und sammeln nur am Anfang zwei, drei Begriffe. Mehr nicht. Dann folgt ein toller Improabend mit mehreren Geschichten, die nur auf die Begriffe des Anfangs beruhen. Keine Abfragen zwischen durch, keine lästigen Unterbrechungen. Und dennoch finden es alle toll. Weil es eben gut gespielt ist!

Hear and Now Concert Improv
www.hear-and-now.com
Würde ich das auf die Musik übertragen, merkt man schnell, wie albern eigentlich diese Abfragerei ist und vor allem, das sich darauf stützen und damit zu werben. Es fehlt schlichtweg das Selbstbewusstsein in dieser Theaterform. Wenn ich mein improvisiertes Konzert jedes Mal an einer dramatischen Stelle unterbrechen würde und fragte, wie soll ich weiterspielen, glaube ich kaum, dass irgendjemand bis zum Schluss im Konzert bleiben würde. Nicht, wenn es ihm um die Musik geht, statt sein Ego zu befriedigen und als Zuschauer Teil der Show zu werden. Auch Abfragen am Anfang habe ich meist vermieden. Die Zuschauer wurden oft aufgeklärt, dass alles, was folgt, improvisiert ist und das mussten sie mir dann auch glauben. Taten sie auch. Wenn nicht, dann war es ein großes Kompliment für mich. Doch es hat sich nie jemand beschwert, dass er nicht "Fis-Dur!", "Forte! Forte!" oder "Jetzt ritardando!"  rufen durfte.

Vorpubertär und niveaulos


Als ich letztens in der Pause einer Improshow eine Zuschauerin fragte, ob sie auch gerade in der ersten Hälfte der Show war bekam ich nur zu hören 

"Ein Freund riet mir, erst zur zweiten Hälfte reinzugehen. Es soll sehr vorpubertär und niveaulos sein."

Sie war bisher noch nie in einer Improshow und geht mit diesen Vorbehalten hinein. Sicher kann man meinen, sie solle sich selbst eine Meinung bilden. Aber ich finde es bezeichnend, wenn solche Meinungen über Improshows herrschen. Sowas trägt sich schneller weiter, als die ganze Improszene nur bis auf Los runter zählen kann. Es ist also nach wie vor die Qualitätsdiskussion und wie das Ganze nach außen wirkt. In diesem Fall waren die beiden Gruppen wirklich nicht sehr erfahren, aber dennoch fand ich die Show nicht vorpubertär oder niveaulos. Da habe ich in Berlin schon Gruppen gesehen, auf die dieses Prädikat auch nach 10 Jahren zutreffen würde, Wir haben aber ein Qualitätsproblem. Und das liegt eben an der Niedrigschwelligkeit des Improvisationstheaters. Es lässt sich schnell auf die Bühne gehen und ein paar Games spielen nach ein, zwei Workshops. Schnell nennt man sich Schauspieler und hat eine hübsche Website mit tollen Werbeflyern gebastelt. Wie man das Problem lösen kann? Ich weiß es nicht. Es sollte ja auch keine Prüfung dafür geben. Garantien, dass diese oder jene Improgruppe auf jeden Fall höchste Qualität bietet, gibt es nie. Dafür ist es eben improvisiert und auch routinierte Gruppen können schlechte Shows haben, pubertär sein oder was auch immer. Mein guter Freund Thomas meinte dazu nur: 
"Wenn es Ihnen nicht gefallen hat, gehen Sie doch mal zu Gruppe XY. Auf jeden Fall: Gehen Sie wieder zum  Improtheater. Denn jeder Abend, jede Gruppe ist anders."
Ob Zuschauer dann wirklich noch eine zweite Chance verteilen ist fraglich. Aber auch darin hat Thomas Recht: Man schaut ja nicht nur eine Sendung im Fernsehen und sagt, man hätte dieses Fernsehen mal ausprobiert. Es hat mir nicht gefallen und deshalb guck ich nie wieder Fernsehen. Da ist was Wahres dran! 

Mittwoch, 6. August 2014

Sound richtig ausgecheckt

 Crest Audio HP-W 44-frame Mixer
Quelle: wikimedia.org
Zu jeder guten Show gehört ein ordentlicher Soundcheck vorher. Nicht immer ganz beherzigt, aber meistens gibt es wenigstens den Versuch mal die Lautstärken einzustellen. Wenn später Publikum im Raum ist, ist meistens sowieso alles ganz anders. Die schlucken nämlich alle Schall. Soweit so gut. Die Schauspieler haben zwei eigene Monitore. Ich wollte irgendwann einen eigenen für mein Keyboard. Mehr Musik drauf, weniger die Stimmen, aber etwas. Ich habe teilweise jahrelang nicht verstanden, was die Spieler da eigentlich singen. Und ehrlich: Oft war es mir auch egal. Schlimmer als den Text nicht zu verstehen, ist nämlich, sich selbst auf der Bühne nicht zu hören. Ich könnte zwar auch blind spielen, aber das ist nicht das, worum es geht, wenn man noch funktionierende Sinne hat.

Was ist mir wichtig als Musiker?


Improtheater Paternoster
im Maschinenhaus Kulturbrauerei Berlin
Klar, ich sollte mich gut hören. Aber kurioser Weise geht es mir auf der Improbühne nicht unbedingt nur um Lautstärke. Ich habe ja, gemeinsam mit dem Techniker, die Herausforderung, dass nicht nur Lieder mit Mikrofon in entsprechender Lautstärke gesungen werden, sondern auch Szenen ohne Mikroverstärkung begleitet werden sollen. In Szenen ist die Musik eher hintergründig, manchmal vordergründig. Ich passe die Lautstärke entsprechend selbst mit dem Volumenregler meines Keyboards an. Dafür muss ich mich auf das Lautstärkeverhältnis meines Monitors in Bezug auf die Außenanlage verlassen können. Wir haben viel probiert. "Viel hilft viel" war nicht die Lösung. So bin ich irgendwann zu dem Schluss gekommen, dass wir einerseits eine laute Einstellung für Songs machen, wo die Spieler mit Mikro singen und wir etwas mehr Wumms haben. Dies ist auch die Maximallautstärke für laute Szenenbegleitung. Viel wichtiger ist mir allerdings, wie leise die Szenenbegleitung sein muss, damit das Publikum alles versteht und die Musik nicht zu laut drüber liegt. Hier drehe ich meine Keyboardlautstärke selbstständig um etwa 30 Prozent zurück, frage dann nach, ob ich noch zu laut oder zu leise bin. Sobald der Techniker grünes Licht gibt im Tonverhältnis zu den Schauspielern, korrigiere ich dann den Monitor nochmal nach oben meistens.

Das Wichtigste am Soundcheck für mich ist, dass der Monitor so eingestellt ist, dass ich mich noch höre, wenn ich sehr leise spiele (vor allem in den Szenen). Daher muss der Monitor meist zum Schluss nochmal korrigiert werden. Die Lautstärke in den Songs, wo sowieso alles lauter ist, ist nicht entscheidend für den Abend. Die Anlage draußen verstärkt ja auch nochmal. Es ist also viel wichtiger, wie leise ich sein kann und kann ich mich trotzdem noch hören. Ist das Verhältnis meines Lautstärkereglers am Keyboard so tarriert, dass Minimum und Maximum im guten Rahmen sind, war es ein guter Soundcheck. Nichts desto trotz braucht es immer noch jemanden am Tonpult, der korrigiert außen und ein Gehör dafür hat. Für mich als Musiker ist erstmal der Monitorsound am wichtigsten.

Mittwoch, 4. Juni 2014

Impro und Inklusion in Pritzwalk

Gruppentrommeln
Vom 23. bis 25. Mai fand in Pritzwalk in der Prignitz ein kleines Improfestival statt. Nun ist man mittlerweile gewohnt, dass die Crumbs oder andere internationale Stars auftreten und sich die ganze Improszene bei den Shows die Klinke in die Hand gibt. Anders war es in der Prignitz. Hier wurde die Not zur Tugend gemacht. Pritzwalk ist vielen gar kein Begriff und wenn dann eher wegen der ausgestorbenen Innenstadt und der flachen, aber wunderschönen Gegend darum. Beim Improfeeling wurden drei leerstehende Läden genutzt, um sie mit Improvisation und Leben zu füllen. Gefördert wurde das Ganze von der Aktion Mensch. Es wurden Improtheater, Impromusik, Clownworkshops gegeben und Masken gebaut. Auch noch nicht so ungewöhnlich. Interessant war es für mich deshalb, dort als Teilnehmer hinzufahren, weil die Gruppe der Teilnehmer so gemischt war. Im Grunde war es ein Inklusionsprojekt, an dem Menschen mit und ohne Behinderung teilnahmen. Auch eine Wohngruppe des CJD nahm an den Workshops teil. Zwar kamen schon viele vor dem Festival mit Improvisation in Berührung, doch wurden noch nie gemeinsam Workshops gemacht. 

Maskenspiel mit Geräuschen
Wir trafen uns zunächst auf dem Marktplatz und trommelten uns in unserer 45 Mann starken Gruppe ein. Am ersten Abend gab es viele Gruppenspiele und gemeinsame Circle Songs. Besonders spannend ein Stuhl-Wechsel-Spiel, in dem jemand aus der Mitte eine Frage stellt und diejenigen den Platz wechseln, auf die die Antwort zutrifft. Ein großer Spaß für alle.

Ich nahm am nächsten Tag an einem Impromusik und an einem Clownworkshop teil. Es fiel mir sehr leicht, nach dem ich nun schon seit über 5 Jahren regelmäßig selbst Workshops in der Prignitz gebe, mich auf den Spaß einzulassen. Im Musikworkshop experimentierten wir 12 Teilnehmer viel mit Rhythmus und Geräusch und verbanden es mit szenischem Spiel. Die Freude war allen sehr anzusehen, auch wenn die Aufmerksamkeitsspanne teilweise auseinander ging. Die Freude am Miteinander improvisieren stand im Vordergrund. Und wenn ich ehrlich bin: Alle Welt spricht mittlerweile von Inklusion, doch habe ich fast nie die Möglichkeit, sie auch zu leben. Das wollte ich unbedingt machen und wurde nicht enttäuscht. 

Clownspaare
Die Unterstützung in der Gruppenimprovisation half beim Zusammenwachsen der Gruppe, so unterschiedlich die Menschen auch waren. Im Clownworkshop arbeiteten wir viel mit Partnern und pbten Vertrauen und Führung in den Kontrasten der Figuren. Auch hier war es eine lockere Stimmung mit viel Spaß und tollen Ergebnissen. Alle waren nach den dreistündigen Workshops zwar platt - ich auch - aber wir freuten uns auf die Werkschau am Samstag Abend. Hier führten wir unterschiedliche Dinge aus den Workshops auf. Meistens als große Gruppe, die auch das Publikum im alten leerstehenden Rossmann mit einbezogen. Und dabei war eines immer klar: Niemand lacht über die Behinderung eines Menschen, sondern über die Komik, die durch die Improvisation entsteht. Es war ein wohl wollendes Miteinander. Besonders beeindruckt haben mich die Masken, die die Teilnehmer gefertigt hatten. Hier wurden Geräuschimpro und non verbales Maskenspiel in der Aufführung kombiniert. Die Masken waren riesig und man hätte nicht geglaubt, dass sie in nur drei Stunden entstanden sind. Selbst der Bürgermeister hat sich nicht lumpen lassen und kam mit seiner Frau zur Aufführung. Nach fast 1,5 Stunden war es vorbei mit Improszenen, Clownspaaren, Trommeln und Singen.

Selbst gemachte Masken
Ein Improfestival für's Herz war das. Sah ich doch soviele glückliche Gesichter und Menschen, die, so unterschiedlich sie auch sind, viel Spaß miteinander hatten und dem Impuls des Au Ja's im Impro folgten. Behinderungen und Handicaps standen zu keiner Zeit im Mittelpunkt, genauso wie sich auch niemand in den Vordergrund spielte. Ich erlebte zwar kein professionelles Improtheaterspiel und international schon gar nicht, aber solch ein Ja sagen zum anderen war mir viel mehr wert. Leerstehenden Raum so zu nutzen ist einfach eine tolle Idee, die die Initiatoren rund um das Vogelfrei Theater dort hatten. Ich hoffe auf eine Fortführung und bin sicher das nächste Mal wieder dabei. Ob als Dozent oder Teilnehmer werden wir sehen. In jedem Fall ein großer Spaß die Unterschiedlichkeit zu leben und zu erleben.

Montag, 5. Mai 2014

10 Punkte, wie man Szenen im Improtheater musikalisch gestalten kann

Improtheater Paternoster
10 Jahre in der Kulturbrauerei Berlin vom 7. bis 9. Mai

  1. Die Musik beginnt und ist auch Inspiration für die Spieler
  2. Eine Figur bekommt bestimmtes Instrument, Harmonien, Melodie, Rhythmus
  3. Die Musik bedient das Oberthema der Geschichte, nicht der einzelnen Szene
  4. Die Spieler spielen gegen die Stimmung der Musik
  5. Nur ein Spieler spielt mit der Musik, der andere "ignoriert" sie
  6. Die Musik sucht die Lücken im Dialog
  7. Die Szene wird nur mit Rhythmusinstrumenten musikalisch gestaltet
  8. Die Szene beginnt mit einer Songbegleitung oder einem Song
  9. Musik nur zu Beginn und dem Ende hin
  10. Ein Song mit Textzeile passend zur Aussage wird drüber gespielt.

Mehr dazu auch in meinem Podcast zu improvisierter Musik und Musik im Improtheater unter www.impro-musik.de

Donnerstag, 24. April 2014

Gleiche Story, immer anders

In seinem Buch "Save the cat" schreibt Blake Snyder darüber, was ein Drehbuch bzw. eine gute Geschichte braucht. Im Bereich Storytelling schon einer der Bestseller und im Improtheater genauso nützlich, wenn es um die Heldenreise geht. Dennoch ist das Buch für mich sehr amerikanisch geschrieben. Die Witze in der Sprache sind nicht immer hilfreich beim Verstehen, wenn man das Buch für eine Analyse und zum Arbeiten nutzen will. Auch die Überschrift ist schon ordentlich fett: "The last book on screen writing, that you'll ever need". So weit würde ich nicht gehen, aber es sind viele hilfreiche Analysen enthalten. Hier eine kleine Übersicht (in freier eigener Übersetzung) für Stereotype Geschichten mit Filmbeispielen. Eine Zusammenfassung der einzelnen Stereotypen folgt oder könnt Ihr live in meinem Workshop "Helden wie wir - Storytelling" am 12. & 13. Mai in Lüchow/Wendland ausprobieren.

10 Stereotype von Filmen mit Beispielen

Monster im Haus – Der weiße Hai, Tremors – Im Land der Raketenwürmer, Alien, Der Exorzist, Eine verhängnisvolle Affäre und Panic Room

Der goldene Flausch – Star Wars, Der Zauberer von Oz, Ein Ticket für zwei, Zurück in die Zukunft und die meisten "Raubüberfall-Filme"

Aus der Flasche - Der Dummschwätzer, Bruce Almächtig, Der Duft der Liebe, Ein voll verrückter Freitag, Flubber, Zu clever für 'nen Blankocheck

Typ mit einem Problem – hier vor allem Stil, Ton und emotionale Substanz – Breakdown, Stirb langsam, Titanis, Schindlers Liste

Bräuche des Übergangs – alle "Veränderung des Lebens"-Stories – 10 – von Die Traumfrau, Eine ganz normale Familie bis Die Tage des Weines und der Rosen

Kumpel Liebe – Dieses Genre ist mehr als die Dynamik in Kumpel Filmen, wie man sie aus Polizisten Kumpel Streifen kennt. - Dumm & Dümmer, Rain Man –
aber auch jede Liebesgeschichte, die je geschrieben wurde.

Warum getan (Whydunit) – Was kümmert uns das Wer, das Wieso ist entscheidend. Beinhaltet Chinatown, Das China Syndrom, JFK und Insider

Der dümmliche Gewinner – Eine der ältesten Geschichtsarten – Willkommen, Mr. Chance, Forrest Gump, Dave, Reichtum ist keine Schande, Amadeus und die Werke der Pantomimen/stillen Clowns, wie Chaplin, Keaton und Lloyd.

Institutionalisiert – wie es klingt, geht es um Gruppen: Ich glaub' mich tritt ein Pferd, M*A*S*H, Einer flog über's Kuckucksnest, und "Familien"Sagas, wie American Beauty und Der Pate.

Superhero – Nicht nur Superman und Batman, sondern auch Dracula, Frankenstein und sogar Gladiator und A Beautiful Mind.


Quelle: "Blake Snyder. Save thecat. 2005, S. 25f."

Mittwoch, 16. April 2014

Plagiat, Cover, Sound-a-like

10 Jahre Improtheater Paternoster in der Kulturbrauerei


Vom 7. bis 9. Mai feiert das Improtheater Paternoster sein 10jähriges Bühnenjubiläum in der Kulturbrauerei in Berlin. Natürlich gibt es Paternoster schon länger, aber wir spielen seit zehn Jahren im Maschinenhaus. Manchmal auch im Kesselhaus oder Frannz Club. Die ersten vier Jahre mussten meine Kollegen ohne mich auskommen. Ich mache seit sechs Jahren Musik im Maschinenhaus fast jeden Mittwoch.

Aus diesem Grund habe ich einen kleinen Programm Trailer gebastelt. Schaut doch mal rein:



Plagiat, Cover oder Sound-a-like?

Gefundene Plagiate in der Dissertation von zu Guttenberg
Quelle: wikimedia.org
Außerdem kam die Idee auf noch einen kleinen Werbefilm in Anlehnung an eine große Supermarkt Kette zu erstellen. Ich habe mich also ans Werk gemacht und ein Sound-a-like erstellt, um es im Video zu nutzen. Prompt kamen nach Fertigstellung der 50 Sekunden Musik Bedenken. Urheberrecht. Ein schwieriges Thema. Es geistern viele Theorien im Netz über das Thema Plagiat. Ich habe auch eine interessante Seite dazu gefunden. Da könnt Ihr alles selbst mal nachlesen. Was ich aus der Recherche im Netz für meine Spotmusik ziehe? Ganz einfach. Ich habe die Sounds nachgebastelt, der Rhythmus ist ähnlich, die Akkordfolge eine völlig andere. Der erste Teil wird geprägt durch den Akkord-Synthesizer. Dazu gibt es übrigens ein Tutorial, wie man den Sound herstellt. Der Refrain ist klassisch im DubStep Stil, wobei sicher DubStepper über meinen Song lachen. So what!? Hier typisch ist der Sägezahn-Synthie-Bass und die liegenden Basstöne, die einfach nur die Stufen und Basis für den Refrain bilden. Der Rhythmus ist etwas fetter. Das war's. Ein Plagiatsaufschrei kann also auch als Kompliment verstanden sein. Tatsache ist: Ich habe keine Melodie kopiert und keinen Text. Auch wenn der Charakter ein ähnlicher ist, ist es nicht das gleiche Lied. Es wird fleißig über Schöpfungshöhe gestritten im Netz. Dennoch wurden nur sechs Plagiate vor einem deutschen Gericht überhaupt verhandelt. Da Sound-a-likes, also "Klingt wie" in der Popmusik und auch schon früher sehr verbreitet und üblich sind, gibt es also eigentlich keinen Grund zur Besorgnis. Es ist eben keine kopierte Melodie und kein kopierter Text. Auch wenn das Klangbild ähnlich ist. That's it! Ich bin gespannt, ob wir den Spot dennoch heute produzieren werden. Falls ja, gibt's ihn sicher hier in unserem Youtube Kanal. Wenn nicht, war's eine schöne Übung, den Sound nachzubauen. Hier könnt Ihr reinhören:



Was heißt das für das Improtheater?

Hans Zimmer Stern auf dem Boulevard der Stars, Berlin.
Quelle: wikimedia.org
Wenn also ähnlicher Klang schon urheberrechtlich geschützt wäre, dürften wir im Improtheater keine Genres, Stile oder Sounds spielen. Selbst die Szenenbegleitung mit Orchester, Pauken und Trompeten würde eine Klage von Hans Zimmer oder James Horner nach sich ziehen. Keine schöne Vorstellung. Auch wären die von mir beschriebenen Harmonien und Akkordfolgen verboten. Was dürften wir dann noch tun? Dass Songs klingen, wie andere, ist doch völlig klar. Man kann theoretisch von gleichen Harmonien und gleichem Klangbild durch gleiche Instrumente sprechen und praktisch davon, dass es nun mal erfolgreiche Akkordfolgen gibt, die immer wieder verwendet werden. Nicht umsonst hätten all die Songs in diesem Video nicht so viel Erfolg mit ihrer C G Am F Verbindung. Volks- und Kinderlieder gehörten verboten, weil sie sich der Tonika, Subdominante und Dominante bedienen. Und das sogar fast alle im gleichen Rhythmus, Phrasierung und Tonraum. Eine grauenhafte Vorstellung, lebt doch das Improtheater genau von solchen Klangbildern. Von hohen und tiefen Streichern, die Suspense versprechen. Von Synthsounds, die einen in den Weltraum entführen oder von Marimba-Klängen, um die Dschungelszene zu malen. Und welcher Impromusiker hat sich noch nicht dabei ertappt eine Quintfallsequenz zu spielen, wie sie z.B. in Autumn Leaves vorkommt. Übrigens wurde dieser ursprüngliche französische Chanson (Les feuillies mortes) einfach von den Jazzmusikern geklaut. Nachzulesen in diesem Buch. Plagiat, Inspiration, Cover oder einfach nur Lob an ein großes erfolgreiches Lied? Ich fordere Euch also auf, weiter Sound-a-likes auf Improbühnen zu spielen. Weiter Akkordfolgen zu nutzen, die es nun einmal gibt auf dieser Welt, denn alles andere würde die Improspieler sowieso nur aus dem Gesangskonzept bringen ;) Die Kunst besteht darin, neu zu sortieren. Im Moment. In der Improvisation. Und ich werde weiter Sound-a-likes nutzen, um Szenen musikalisch zu unterstützen. Auch wenn irgendwann ein Anwalt auf die Idee käme, mich dafür ins Gefängnis zu bringen. Amen.

Übrigens auch vom 7. bis 9. Mai mit Paternoster in der Kulturbrauerei in Berlin ;)


Donnerstag, 3. April 2014

Theaterflitzer

Hear and Now mit Enno Kalisch


Am 16. März spielten wir Hear and Now mit unserem Gast Enno Kalisch. Eine neue Facette, die wir mit dem Konzert verbunden haben. Wir hatten ja schon eine Tänzerin oder einen Didgeridoo Spieler dabei, aber einen Schauspieler, der mit Sprache improvisiert, das war neu. Und wie war das? Sehr interessant, dass sich das Gehirn doch sehr an Worten orientieren will. Musik ist eben eine abstraktere Sprache. Aber als erfahrene Improvisateure hatten wir keine Probleme, uns auf einander einzulassen. Die Stimme von Enno wurde zum Instrument und roten Faden. Der Klang bereitete uns erst Schwierigkeiten, da die PA nicht wirklich das hergab, was eine gute Stimme braucht, aber das haben wir dann in den Griff bekommen. Die Kombination aus Musik, Video und Storytelling erwies sich als sehr fruchtbar und spannend. Mir fiel dabei wieder besonders auf, dass die Videoaufnahmen auch völlig zufällige Motive zeigen können. Unser Gehirn versucht einen Sinn zu interpretieren und die einzelnen Teile zusammen zu fügen. So wird aus abstrakten Bildern, Klang, Musik, Sprache und Story ein neues Ganzes. Die Arbeit mit Enno war prima und angenehm unaufgeregt. Es ist schön mit routinierten Kollegen auf der Bühne zu stehen und sich nicht mehr an Grundlagen aufzuhalten, sondern gemeinsam schon vor dem ersten Treffen die Vision des Konzepts zu haben. Eine Konstellation, die sich hoffentlich nochmal wiederholt. Enno hatte versprochen, uns nach Bonn ins Theater einzuladen. Wir würden gern kommen!

Hier könnt Ihr in die Audioaufnahme hören. Die Videoaufnahmen muss ich noch bearbeiten. Das ist immer ein Haufen Arbeit. Aber es kommt sich noch irgendwann nach.



Theaterflitzer


Improtheater Paternoster
im Kesselhaus der Kulturbrauerei Berlin
Gestern abend spielte ich mit Paternoster "Dein Held - Deine Geschichte" dieses mal im größeren Kesselhaus der Kulturbrauerei. Der Saal war gut gefüllt mit ca 250 Zuschauern. Wir spielten eine solide erste Hälfte, die Leute hatten Spaß. Wir hatten Belgier, Schweizer und Soltauer dabei. Soweit so gut. Wir begannen die zweite Hälfte, mein Kollege Georg Weisfeld begann, später kam Thomas Zug hinzu. Er näherte sich Georg, der eine Frau spielte, und machte ihm Avancen. Da sprang plötzlich jemand von unten auf die Bühne, die locker über 1,20 m ist. Ich hab mich echt erschrocken. Er lief auf die beiden Spieler zu und rief etwas von "Was machen Sie da mit meiner Frau? Das ist meine Frau.". Alle waren sichtlich schockiert. Ich dachte ja zu erst an Oskar Lafontaine. Von wegen Attentat, fanatischer Katholik oder sowas. Aber nein. Der junge Schweizer spielte einfach mit. Er spielte den Ehemann und dann noch die ganze zweite Hälfte bis zum Schluss. Die Spieler gaben ihm schnell ein Funkmikrofon, damit er im Saal verstanden wird und sie nahmen die Situation, wie sie war. Nicht nach einem Gag von der Bühne geschickt. Warum? Er spielte hervorragend Zug um Zug, drängte sich nicht in den Vordergrund, spielte mit den Spielern und die mit ihm. Warum also von der Bühne jagen. Eine Aufführung sprengen würde anders aussehen. Sicher war es ein gewisses Profilieren eines Pubertierenden, aber er kannte seine Grenzen und tat der Show letztlich auch gut. Wir verbeugten uns gemeinsam zum Schluss. Auch wenn alle etwas schockiert waren, war es doch Impro pur. Raus aus der gemeinsamen Routine, rein in das Spiel mit einem völlig Unbekannten und Unberechenbaren. Auf Facebook wurde prompt gefragt, ob das erlaubt sei. Wir hatten spontan Angst, dass uns das jetzt häufiger passiert, weil sich das rum spricht. Immerhin haben wir ja ein Gruppenfoto mit dem Nachwuchsschauspieler gemacht. Naja. Nächstes Mal sind wir vielleicht etwas vorbereiteter und schicken das Publikum doch lieber wieder an den Platz, für den es bezahlt hat. Nicht, dass nachher noch irgendjemand Gage dafür verlangt. ;)





Dienstag, 10. Dezember 2013

Improtheater Genre Workshop im Februar

Am 15. Februar wird es einen Kombi Workshop für Improtheater und Impromusik in Berlin geben. Gemeinsam mit meinem geschätzten Kollegen Thomas Jäkel werde ich mich dem Genre Country & Western widmen. Thomas unterstützt mich dabei im Bereich des Film- und Bühnengenres. Ich werde meinen Teil in der Szenenmusik und den Songs beitragen. Da wir beide schon eine geraume Zeit zusammen mit Georg Weisfeld einen Impro Podcast produzieren, wollten wir nun auch mal mehr in die Praxis mit anderen einsteigen. Da Western ein sehr beliebtes Genre in Improshows ist, war es uns eine Herzensangelegenheit, mit diesem unsere Kombi Workshop Reihe zu beginnen. Es warten ja noch unzählige Genres auf uns.

Wenn Ihr schnell seid, könnt ihr bis 31.12. vom Frühbucher Rabatt profitieren und nur 72,90 Euro, statt 90 Euro zahlen. Kann man auch herrlich verschenken an einen Improkollegen eures Herzens.

Infos und Anmeldung unter www.improworkshop.com

Montag, 9. Dezember 2013

Mittel der Filmmusik

Als Musiker für Improvisationstheater und Interessierter im Bereich Filmmusik gehe ich ständig der Frage nach, wie Scoring und Soundtrack im Film funktioniert und wie ich es auf der Theaterbühne um- und einsetzen kann. Am heimischen PC statte ich mich nun schon längere Zeit mit entsprechenden virtuellen Instrumenten aus. Die neueste Anschaffung ist ein Streichorchester. Die Entwickler von CineSamples haben sich der Filmmusik verschrieben und samplen Instrumente für diesen Zweck. Ich hatte mir vor einiger Zeit bereits CineOrchestra zugelegt. Sozusagen die Schnell-Variante, um Orchesterflächen herzustellen. In meinem älteren Artikel über Filmmusik kam es zum Einsatz neben den Trommel-Samples von Drums of War 2 (Der Titel sagt ja schon alles.). Nun habe ich beim Release von CineStrings zugeschlagen. Es gibt viele Diskussionen im Netz drarüber, welche String Library nun die beste für Filmmusik wäre und welche am besten klingt. Der Preis ist immer ein Kriterium. Und da CineSamples hier für mich das beste Preis-Leistungs-Verhältnis hatte, gönnte ich mir mein vorgezogenes Weihnachtsgeschenk. Die Entwickler haben bei dieser Library darauf geachtet, sämtliche Artikulation zu samplen, die auf Streichinstrumenten möglich sind und beim Komponieren wichtig sein können. Von Legato bis Col Legno ist alles dabei und klingt wirklich top. Eine Einführung in dieses VST gibt es in diesem Video:



Ich werde hier sicher nicht ausführlich alles darlegen können, aber ich möchte eine kleine Sammlung zeigen. Es werden sicher noch weitere Artikel zu diesem Thema folgen. Gern könnt Ihr in den Kommentaren ergänzen!

Harmonik


Die Harmonik beschäftigt mich schon sehr lange in Soundtracks. Dabei fiel mir auf, dass ich schon länger das anwende, was in Filmen musikalisch geschieht. Man muss unterscheiden, ob Musik Fläche und Suspense ist oder dramaturgisch einwirkt. Eine der oberen Prämissen beim Film ist, den Klang so lange es geht im wagen zu halten. Offene Akkorde ohne Terz ermöglichen das, da sie kein Tongeschlecht definieren. Weder Moll noch Dur ist hörbar. So kann der Zuschauer nicht in eine Richtung gelenkt werden. Die Herausforderung hierbei ist, die Akkorde und Kadenzen dennoch interessant zu gestalten. Quarten wirken hier sehr öffnend. Ein 4/7/9 Akkord klingt offen und kann beispielsweise mit Streichern oder Klavier sehr gut gehalten werden. Auch Arpeggio ist hier möglich. Je nach Spielsituation. Man muss sich der Wirkung von Akkorden sehr bewusst sein, um als Musiker auch dramaturgisch bewusste Entscheidungen zu treffen. Deshalb sei es immer geraten, viel zu spielen und zu hören, was wie wirkt. Ich versuche einige Wirkungen in Kürze zusammen zu fassen.

Einzelne Akkorde

Akkorde ohne Terz - wirken unbestimmt und offener
Nicht alterierte Erweiterungen Quarte, Septime, None, etc. - klingen weich, offen und undefiniert
Alterierte Erweiterungen, wie z.B. b9 oder #11 - färben den Klang in verschiedene Richtungen, Ausprobieren!
Moll mit großer Septime - Krimi/Suspense-Akkord, spannungsvoll, unerwartet
Moll mit #5 und großer Septime - Suspense, spannungsvoll, geheimnissvoll
Vermindert - klassisch, bedrängend bis bedrohlich
Übermäßig - märchenhaft, offen, positiv

Kadenzen

Quartverbindungen - offen, fast unendlich steigerbar
Terzverbindungen, z.B. C | Em - melancholisch, weit, traurig, sehnsüchtig
Terzverbindungen Mollakkorde, z.B. Gm | Em oder Gm | Ebm - bedrohlich, mächtig, stark, düster
Moll-Tonika | Dur-Subdominante, z.B. Gm | C - melancholisch, öffnend, geheimnisvoll

Intervalle

Tritonus - gefährlich, bedrohlich, stark, kraftvoll
Sekunden - beklemmend, ängstlich, bedrohlich
Quarten - offen, unbestimmt (Quarten aufwärts sind gern in Fanfaren, Militär- und Science Fiction-Filmen genommen)
Sexten - Zweistimmigkeiten mit Sexten wirken in Dur sehr positiv bis kitschisch, in Moll sehnsüchtig, melancholisch bis kitschich
kleine Septime - modern, jugendlich, verwegen

Intervalle können als Tonsprünge oder Mehrstimmigkeiten eingesetzt werden und wirken je nach Anwendung dann unterschiedlich. Ausprobieren!

Klangfarbe

Die Klangfarbe ist entscheidend für das Bild, das man malen will. In Filmen wird oft mit Orchester gearbeitet. Vor allem Streicher kommen immer wieder zum Einsatz. Je nach Stil arbeitet man mit Leitmotiv. Blechbläser verstärken sehr viel. Dramatik und Action wird meist mit viel lautem Blech unterstützt. Aber auch Solo Klavier ist immer mehr zu hören und beliebt. Auf der Bühne benutze ich viel Klavier, Streicher, Orchester, aber auch mal Gitarre, E-Piano, Synthesizer Sounds. Auch ein Solobass kann reizvoll bei der Gestaltung einer Szene sein. Meine Instrumentenwahl begründet sich oft damit, dass ich gern akkordisch spiele. Das macht mit einer Flöte oder Solo Trompete nicht so viel Sinn. Aber dennoch kann es reizvoll sein, eine Szene mit einem Solo-Instrument auszustatten. In Phantasie oder mystischen Szenen benutze ich gern eine Celesta in Kombination mit Streichern oder Pizzicato Streichern. Dramatik kann mit staccato und marcato Streichern unterstützt werden. Man ist immer frei in der Wahl der Klangfarbe und doch nicht. Es kommt drauf an, ob man einige Klischees mitgehen möchte, weil sie zum Genre gehören oder der Sache gut tun. Auf Teufel komm raus eine andere Klangfarbe zu wählen, weil man sich gegen den Hollywood Sound sträubt, ist auch nicht immer angebracht.

Rhythmik

In großen Hollywoodstreifen hört man epische Trommeln. Gern wird da auf japanische Taikos oder anderes exotisches Schlagwerk zurück gegriffen. Auch sehr tiefe Subdrums kommen zum Einsatz. Trommeln treiben an. Ein 3/8 oder anderer triolischer Rhythmus unterstützt Action und Drama. Kombiniert mit staccato spielenden Streichern und Blechbläsern hat man schnell den treibenden Sound, den man aus großen Filmen kennt. Wendet man dann noch die typische Harmonik an, steht dem Heldenabenteuer nichts mehr im Wege. Bei der Filmmusik, die mit Klavier gestaltet wird, entdecke ich den Trend, in der linken Hand Duolen zu spielen und in der rechten Hand die Triolen schnellen zu lassen. Das hat den Hintergrund, dass man zunächst scheinbar langsam beginnt und mit den Triolen eine Steigerungsmöglichkeit hat. Das relativ ruhige wechseln von zwei Tönen verrät noch nicht den triolischen, treibenden Charakter, der später folgen kann. Dies funktioniert natürlich auch mit anderen Instrumenten, z.B. auch mit Celli.

Suspense

Um Spannung zu erzeugen oder den Spielern einen Teppich zu geben, auf dem sie agieren, ist Suspense unabdingbar. Ich bin zwar kein großer Freund vom Zukleistern von Szenen, aber manchmal ist Suspense angebracht und hilft weiter. Oft reicht schon ein einzelner Ton. Beliebt ist ein hoher Streicher oder auch ein tiefer, der jedoch schnell nach Spannung klingt. Manchmal setze ich kurze Akzente mit einem Klavier. Je nach Charakter der Szene muss das nicht harmonisch offen sein, sondern kann färben, wie in einem Krimi z.B.



Interessant wird Filmmusik aber durch einen individuellen Touch. Also darf man sich nicht scheuen, etwas auszuprobieren. Immer nur die Prototypen zu bedienen ist auf Dauer langweilig. Ein eigenes Leitmotiv zu entwickeln macht Spaß´und verschiedene Klangfarben zu benutzen auch. Das sollte Prämisse bleiben, um sich selbst weiter frisch zu halten und sich nicht auf Dauer zu langweilen.


Ich probiere diese Sachen beim Improtheater Paternoster aus. Wir spielen eine Langform (Dein Held - Deine Geschichte) jeden Mittwoch im Maschinenhaus der Kultubrauerei in Berlin. Eine klassische Heldenreise, in dem ich als Musiker die Möglichkeit habe, das anzuwenden, was Ihr hier oben lesen konntet. Dort spiele ich mit meinem Roland GW8 Keyboard und einem Roland SP 404 Sampler. Vielleicht sehen wir uns dort einmal und können über diese Dinge live diskutieren.

Außerdem werde ich 2014 Workshops für Musiker anbieten, die Lust haben, sich in diesem Bereich weiterzuentwickeln und sich auszutauschen. Schaut einfach mal auf improworkshop.com

Freitag, 15. November 2013

10 Dinge, die bei Impro Songs helfen können

"Die Sänger" Holzschnitt von 1568
Quelle: wikimedia.org
  • Beginne mit einem Tonsprung auf- oder abwärts. Das wird dich zu Melodien inspirieren, statt auf einem Ton zu bleiben.
  • Der Text muss sich nicht reimen.
  • Singe Vokale aus (also ziehe sie in Melodien hinein), damit gewinnst Du Zeit beim Texten
  • Probiere verschiedene Reimschemata. Beispiel: Versuche Zeile 1 bis 3 nicht zu reimen. Wiederhole als vierte Zeile die Zeile 3 und versuche sie mit einer kleinen Variation enden zu lassen.
  • Reime und singe so oft Du kannst.
  • Singe komponierte Lieder. Sie inspirieren Dich in deinen Ideen für Impro-Songs.
  • Summe im Intro bereits mit, um Deine Tonlage zu finden und erste Ideen für die Melodie zu entwickeln.
  • Entdecke Rhythmen in Worten und variiere sie. Beginne mit dem eigenen Namen.
  • Probiere Pop-Phrasen, wie "Yeah, Yeah", "Schubidu" oder "Baby, Baby".
  • Die Musik trägt Dich. Nimm Dir Zeit und lass die Begleitung spielen, wenn Du nicht inspiriert bist oder den Einstieg nicht findest.

Musik in der Szene

Mit Frequenz9 haben wir eine Folge zum Thema "Musik in improvisierten Theaterszenen" aufgneommen. Ich habe auch ein paar Musikbeispiele live mit eingespielt zur Veranschaulichung. Ich denke, es sind ein paar spannende Erkenntnisse dabei. Hört doch mal rein:


Immer auf dem Laufenden, was neue Podcasts angeht, bleibt Ihr mit unserem Twitteraccount oder bei Facebook.

Freitag, 12. Juli 2013

Vorfreude auf meinen Workshop

Am 17. und 18. August gebe ich in der Prignitz einen Workshop zum Thema "Impro-Musical". Heute hat sich der 12. Teilnehmer angemeldet und damit ist der Kurs ausgebucht. Ich freue mich schon sehr auf diese Tage auf dem Land. Nicht nur wegen des schönen Themas "Musical", sondern auch wegen der Landschaft. Ich mag die Prignitz und das kleine Örtchen Hasenwinkel bei Pritzwalk hat mit der tollen Scheune von Chady Seubert einen hervorragenden Platz für Kreativität. Ich fahre nun schon seit mehreren Jahren mindestens ein Mal im Jahr dort hin, um Workshops zu geben. Diese Atmosphäre ist in der Stadt einfach nicht möglich und stiftet zur Entspanntheit an. Auch wenn ich in meinen Workshops gern "arbeite". Es heißt ja auch Work-Shop. Ich bin gespannt auf die bunte Teilnehmergruppe und werde berichten, wie es war.

Mittwoch, 1. Mai 2013

Blogparade - Are we all Storytellers?

reichweite-beratung.de
Caroline Kliemt rief zur Blogparade auf. Es geht um Storytelling. Die Frage: "Are we all Storytellers?" Man könnte kurz und bündig antworten "Life is Storytelling", denn wir erzählen jeden Tag Geschichten. Jeder hat mal was erlebt oder kennt einen, der einen kennt, der mal was erlebt hat, eine Geschichte, eine kurze Episode, eine Story. Ich möchte aus meinem Blickwinkel als Musiker und Improtheater-Mensch etwas über Storytelling schreiben.

Storytelling und Musik im Improvisationstheater


Griechisches Theater, Quelle: wikimedia.org
Beim Theaterspiel geht es um das Geschichten Erzählen par excellence. Was die Menschen zu den Bühnen treibt, sind Geschichten und Charaktere. Sie möchten mit dem Helden leiden und triumphieren, ein Drama und ein Happy End sehen. Das versuchen wir auch im Improvisationstheater. Gerade in längeren Geschichten, den Langformen, geht es um Geschichten. Ich als Musiker erzähle diese Geschichte mit meinen Mitteln. Unterstütze Charaktere und greife vorweg. Vergleichbar ist das auch mit Filmmusik. Es funktioniert im Grunde genauso. Deshalb sehe ich mich besonders in Langformen als "Film"-Musiker bzw. Geschichten-Musiker. Wie stelle ich das an? Charaktere werden oft von mir mit einem musikalischen Thema, Akkordverbindung, einer Klangfarbe oder einem Instrument ausgestattet. Dies taucht immer dann wieder auf, wenn die Figur besonders im Fokus steht. Gegenspieler erhalten einen Kontrast zum Helden, manchmal mit einer dunklen Klangfarbe, einem entgegen gesetzten Instrument. Hat der Held eine leichte Gitarrenmelodie, bekommt der Antagonist tiefe Streicher. Dies ist natürlich von Impro zu Impro anders, sonst wäre es nicht mehr improvisiert. Aber die Technik bleibt oft die selbe. Neben dem Anheften an Figuren setze ich auch oft Musik mit dem Thema der Geschichte in Verbindung. Ist es beispielsweise Feuer, werden Elemente, die darauf hindeuten in den Szenen mit einem Leitmotiv oder eben den anderen Mitteln unterstützt. Melodien können in Tonarten und Tongeschlechtern, also Dur und Moll, kontrastiert werden. Das entspricht in etwa dem Haupt- und Gegenthema-Ansatz, wie er im Sonatenhauptsatz zu finden ist. In diesem werden zwei Themen gegenüber gestellt. Im Laufe der Szenen gibt es die Einleitung (Ouvertüre), Durchführung, in der das Thema abgewandelt und verarbeitet wird, Reprisen (Wiederholungen) und schließlich die Coda (Schluss). Ganz so starr, wie in der Sonatenform ist es im Theater zwar nicht, aber die Prinzipien sind ähnlich.Die Wiederholung von Themen ist im Schauspielkontext wichtig. Der Zuschauer erlebt etwas bereits Bekanntes immer als befriedigend und sicheres. Das Gehirn reagiert positiv darauf, wenn es etwas wiedererkennt. Etwa so, wie bei einem guten Bekannten, dem man auf der Straße begegnet. Nicht umsonst ist die Leitmotiv-Technik im Film so erfolgreich. Ich habe dazu einen längeren Blogeintrag mit Hör-Beispielen geschrieben. Da es in der Musik um Emotionen geht und wir alle gewisse Klischees gelernt haben, spiele ich damit auch in der Szenenmusik. Die Musik spiegelt Emotionen der Akteure wieder und unterstützt die Empathie beim Zuschauer. Das hilft letztlich auch dem Schauspieler in seiner Darstellung. Außerdem ist es möglich der ganzen Szene einen Kontrast, sozusagen eine Meta-Ebene, zu geben. Legt man unter eine vermeidlich fröhlichen Szene eine dramtische oder traurige Musik, erzeugt man sofort Misstrauen beim Zuschauer. Die Musik verrät ein Geheimnis, die Fallhöhe der Szene wächst automatisch. Auch in Krimis schön zu sehen und zu hören. Wenn jemand bei etwas erwischt wird und er es vertuscht. Sein Gegenüber ist arglos und die Musik unterstützt die heimtückischen Gedanken des Täters. Das erzeugt Spannung und erzählt die Geschichte. Selbst der nichtigste verbale Dialog bekommt somit seine Bedeutung und die Geschichte schreitet in den Köpfen voran. Es geht um Kontraste und Fortspinnen der Geschichte mit musikalischen Mitteln. Das ist Storytelling im Film und auf der Bühne.

Bilder im Kopf


Gehirn nach Meyers 1932, Quelle: wikimedia.org
Musik erzeugt Bilder im Kopf und manchmal ganze Geschichten. Praktisch habe ich das erlebt, als ich das Theaterprojekt "Hear and Now Dimensions" aufgeführt habe. Es war ein Abend voller Improvisation. Musik, Schauspiel und Licht agierten spontan miteinander. Die Einleitung des Abends habe ich am Klavier übernommen. Ich habe ein ca. 15 minütiges Intro gespielt. Danach fragte ich das Publikum, was es dabei gesehen hat, welche Bilder vor dem inneren Augen gezeichnet wurden. Erstaunlich war, dass alle, die sich trauten, ihre Bilder preiszugeben, eine nahezu ganze Geschichte erlebten. Die waren ganz unterschiedlich. Vom dunklen Wald bis zum Meer wurden Landschaften gemalt und etwas durchlebte eine Veränderung - ein wesentlicher Teil von Geschichten. Ein Thema wird verändert im Laufe der Zeit und endet beim Happy End oder stirbt. Völlig non-verbal hat dies funktioniert. Die Musik erzählte eine Geschichte, ohne dass ein Wort gesprochen werden musste. Und das schöne daran: Jeder Zuhörer hat seine Geschichte selbst im Kopf erlebt, hat sich im Grunde selbst die Geschichte erzählt mit seinen Assoziationen. Nun muss ich aber zugeben, dass der Hirnforscher unter uns jetzt den Zeigefinger heben würde. Natürlich gibt es musikalische Zusammenhänge, die Klischees in unseren Köpfen aufblitzen lassen. Tiefe Töne erzeugen Spannung, Dramatik oder Trauer, Dur wird oft heiter und hell empfunden, schnelle Passagen sind hektisch, etc. Davon sind wir nicht frei und ich auch nicht. Die Kunst besteht für mich darin, die Klischees nicht zu überdehnen und sie im Sinne des Storytellings zu nutzen. Manchmal bewusst, manchmal unbewusst.

Storytelling im Workshop


Singende Schulkinder aus Pie Town, New Mexico,
Quelle: wikimedia.org
Ich werde oft gefragt, wie ich es in meinen Workshops schaffe, die Leute zum Singen zu bringen. Ich gebe Workshops in den unterschiedlichsten Kontexten, aber die Botschaft bleibt die selbe: Wir werden gemeinsam improvisieren und das mit unserer Stimme. Das Storytelling ist dabei sehr wichtig. Wie sonst könnte man Teilnehmer dazu bewegen, überhaupt einen Ton zu singen? Ich erzähle, wie ich in der Grundschule regelmäßig mit hoch rotem Kopf vor der gesamten Klasse "Das Wandern ist des Müllers Lust" zum Besten geben musste, meine Mitschüler sich das Lachen verkniffen, ich den Text vergaß und am Ende gerade so eine 4 bekam. Vor Scham wäre ich am liebsten jedes Mal im Boden versunken. Das ging mir überigens am Reck im Sportunterricht genauso. Nur, dass ich da dann eine 6 bekam. Aber das Thema Sport gehört hier nicht her. :D Dieses Gefühl, dieser Zustand, diese Figur, die Bühne und die Akteure kennte fast jeder, dem ich diese Geschichte erzähle. Sofort nicken Teilnehmer und stimmen mir fast mitleidig zu. "Ich wollte nie wieder singen!", sage ich dann. Und das stimmte auch. Ich kann das ehrlich und authentisch sagen. Die Wahrheit. Dann sage ich "Warum sollte ich eigentlich nie wieder singen dürfen? Ertappen wir uns nicht bei unseren Lieblingsliedern, im Auto oder unter der Dusche, wie wir voller Inbrunst mitsingen?". Ja, machen wir, weil Singen eine völlig menschliche Ausdrucksform ist. Weil Singen Spaß macht. Man muss nur einem an einem Samstag Nachmittag in ein x-beliebiges Fußballstadion gehen und lauschen. Da sind tausende von Menschen, die aus voller Kehle singen. Teilweise komplexe Melodien und Rhythmen. Da schämt sich nur der, der die Vereinshymne nicht mitsingt. Gemeinschaft schafft es diese Hemmung abzubauen. Denn es tut keinem weh, vor allem nicht mir selbst. Singen macht also zusammen Spaß. Das heißt aber noch nicht, dass es sich gut anhört. Aber das steht auf einem ganz anderen Blatt. "Schön Singen" ist bereits eine subjektive Bewertung. Und diese wollen wir, wo wir doch so gebranntmarkt sind durch die Grundschule, nicht wieder so schnell. Ein Workshop ist ein geschützter Raum, in dem wir gemeinsam das wieder finden, was wir verloren haben: Die Freude am Singen. Wir drehen den Spieß einfach um und behaupten, dass "schräg" singen genau das ist, was wir wollen. Wir wollen nicht "schön" singen, sondern wir wollen SINGEN! Mit der Aufgabe noch schiefer, als der Nachbar zu singen, schaffe ich es, dass noch die traumatisiertesten unter den Teilnehmern ihre Stimme benutzen und mit Spaß und Freude Gefallen daran finden, einfach mal die Vokale lang zu ziehen. Und schon singen wir im Chor. Und schon trauen sich einzelne sogar ein Solo zu singen. Nicht vor der Gruppe, sondern mit ihr. Ohne roten Kopf und ohne schlechter Note am Ende des Workshops. Aber vielleicht mit dem kleinen Fünkchen Willen, doch mal beim Chor vorbeizuschauen oder nicht nur die Titel auszusuchen in der Karaokebar, sondern nächstes Mal selbst sein Lieblingslied zu singen. Weil es Spaß macht und weil wir fast alle einmal traumatisiert aus dem Musikunterricht gegangen sind. Dieses Spiegeln der Emotionen und die erzeugte Empathie ist es, das aus sprechenden Menschen, singende Menschen macht. Mit meiner eigenen Geschichte. Und ich bin auch kein Meistersinger, aber vielleicht ein guter Storyteller.

Sonntag, 24. Februar 2013

Musik Apps auf dem iPad Teil 2 - Chordbot

Im zweiten Teil meiner Vorstellungsrunde für iPad Musik Apps geht es um das Songwriting. Das Prinzip von Chordbot ist einfach und schnell erklärt. Man hat die Möglichkeit Akkorde einzufügen und zu bestimmen, wie lang sie erklingen sollen. Eine richtig große Auswahl an Harmonien von Major7 über 6/9 bis zu verminderten Akkorden und noch vielen anderen Erweiterungen setzt den Kadenzen kaum Grenzen. Außerdem kann man wählen, in welcher Lage und Akkordstellung die Harmonie erklingen soll. Ein Basston kann separat vom Akkord gewählt werden.

ChordBot - Songansicht

Erklingen? Da wären wir beim Thema Mixer. Im gleichnamigen Menü kann man festlegen, welche Instrumente meine Kadenz wiedergeben sollen. Eine Schlagzeugspur mit Einstellungen wie Soft, Medium, Hard und weiteren Varianten derer, ist genauso möglich wie Rhodes, Piano, Bass oder Gitarre. Aus den voreingestellten Pattern sucht man sich einfach was passendes zum Stil des Songs. Bis zu acht Instrumente kann ich so meine Kadenz spielen lassen.

Chordbot - Mixer
Man darf hierbei nicht vergessen, dass es darum geht, Akkordverbindungen auszuprobieren oder ein Play Along zum Mitspielen schnell zu kreieren. Die Funktion Song-o-matic hilft dabei, schnell so einen Track zu erstellen. Zur Auswahl stehen hier Plain Pop, Justified Jazz und Schoenberg Surprise. Zufällige Kadenzen in verschiedenen Begleitungen, wenn es mal schnell gehen soll. Die Songs können exportiert als Midi, wav oder App eigenes Format bzw. auch direkt per Mail versendet werden.

Ein Beispiel-Loop für die Song-o-matic Funktion bei ChordBot:





Einen eigenen Song würde ich damit nicht produzieren, weil die Pattern ja auch begrenzt Ausdruck ermöglichen und so etwas wenig mit einem echten eigenen Songwriting zu tun hat. Allerdings ist es ein gutes Tool, um Akkordprogressionen auszuprobieren und Ideen festzuhalten. Durch die verschiedenen Instrumente und Patterns hat man eine Menge Möglichkeiten nah an seine innere Idee des Songs heran zu kommen. Später kann man dann noch in einem anderen Programm oder am Instrument arrangieren.

Für Improtheater ist diese App dahingehend interessant, dass man schnell eine Songbegleitung herstellen, worauf man dann Improsongs singen kann. Für die Probe oder vielleicht sogar mal, wenn der Musiker krank ist, eine gute Sache für Auftritte.

Übrigens ist die App nicht nur im AppStore erhältlich, sondern auch für Android Systeme.
Über chordbot.com kommt Ihr zur Herstellerseite.



Samstag, 16. Februar 2013

Stil und Veränderung im Workshop

Als Trainer hab ich das Ziel Spuren im Sand einer Improgruppe mit meinem Workshop hinterlassen zu können. Mit meiner Auffassung und Vorstellung von Improvisation und meiner Herangehensweise, inspiriere ich vielleicht die Gruppe. Anders als bei heterogenen Workshopgruppen, wo ich keine Gruppe vorfinde, die gemeinsam regelmäßig auftritt, habe ich die Chance einen Stil zu erkennen. Gleichzeitig kann ich auf den Einzelnen und den Stil einwirken. Aber ich muss mir bewusst sein, dass ich niemals meinen Stil, meine Vorstellungen von Improtheater gespiegelt sehen werde. Das kann auch nicht das Ziel eines Lehrers sein. Es kann nur um Vorschläge und Inspiration gehen. Wenn ich einen Schüler nicht inspiriere, bin ich vielleicht nicht der richtige Lehrer für ihn. Ich muss akzeptieren, dass eingespielte Gruppen, was auch immer das heißt, einen eigenen Gruppenstil entwickeln. Diese Gruppenidentität ist wichtig und trägt das Endprodukt und die Identifikation der Gruppenmitglieder mit ihrer Gruppe. Ich kann Techniken vermitteln und meinen Stil vorstellen. Nicht mehr und nicht weniger. Die Freiheit aus Gelerntem eigenes zu schöpfen muss ich jedem Schüler zugestehen. Ich muss den Schülerstil nicht mögen, aber ich akzeptiere, dass es anders wird. Und wenn es für mich nicht interessant ist, kann es jedoch für viele andere Menschen der Fall sein. Es geht nicht darum den Schüler zu seinem dressierten Nachahmer zu machen, sondern ihm einen Weg aufzuzeigen, wie er sich von sich heraus entwickeln kann und darf. Hilfmittel sind gewünscht und erlaubt, aber niemals gespiegelter Lehrernarzissmus.

Dienstag, 12. Februar 2013

Gut eingespielt oder langweilige Routine?

Nach Jahren des gemeinsamen Impro spielens in einem Ensemble ergibt sich ein positiver wie negativer Effekt. Zum einen ist man sehr gut eingespielt. Man vertraut sich beim Spielen, kennt den Stil des Partners und kann sich Sachen erlauben, die man sich mit einem weniger bekannten Gast nicht trauen würde. Andererseits tun Impulse von außen durch Gäste immer wieder erfrischend gut. Andere Spielweisen und Stile geben neue Impulse. Je nachdem, wie groß Sympathie und Vertrauen zum Gastspieler sind, können Geschichten in ganz andere Richtungen gehen. Gäste bringen Spiele mit, die man lange nicht gespielt hat oder gar nicht kannte. Andererseits beobachte ich auf der Bühne oft einen behutsamen Umgang miteinander. Was natürlich ok ist, man will ja niemanden überrennen. Dennoch habe ich manchmal den Eindruck, dass dann mit angezogener Handbremse gespielt wird. Ein gemeinsames Warm Up ist dann um so wichtiger. Dieses vermeidliche Eingespieltsein mit bekannten Partnern scheint auf den ersten Blick sehr gut zu tun. Auf der anderen Seite birgt es die Gefahr in Routinen zu fallen. Dinge zu wiederholen. Showübergreifend oder gar über einen längeren Zeitraum immer wieder. Hinzu den gleichen Gags, Figuren und Dialogen. Wir sollten uns alle dahingehend mehr überprüfen und mit einem Ja! auf Gäste zugehen und andere in unsere Shows einladen. Es kann den Shows gut tun. Jedoch: Sympathie und Vertrauen stehen an erster Stelle! So kann man raus aus der eigenen Schleife, die gern als persönlicher Stil bezeichnet wird, aber oft keiner ist.

Sonntag, 13. Januar 2013

Konstellationen und Spielertypen

Nach den letzten Improshows ist mir mehr und mehr bewusst geworden, wie wichtig die Konstellation der Akteure auf der Bühne ist. Dabei spielt es weniger eine Rolle, ob sich die Menschen vor einem gemeinsamen Auftritt kennen. Jeder Mensch hat sein Tempo auf der Bühne. Die wenigsten schaffen es, mehrere Tempi in sich zu vereinen beim Spiel und diese abzurufen. Ein "Extended-Player" wird kein explodierender "Advanced-Player". Ausnahmen bestätigen die Regel, jedoch vereinen nur wenige Improspieler alle Eigenschaften. Ein Geschichtenerzähler hat vielleicht Defizite beim Gesang oder eine "langsame" Körpersprache und wenig Energie. Aber seine Fähigkeit hilft eine Story voranzutreiben, in der viele, im Storytelling schwächere Spieler mitspielen. Ein Gesangstalent glänzt durch einen grandiosen Song und seine Stimme, schwächelt aber im Storytelling. Nun kann es als Ziel ausgerufen sein, möglichst alle Eigenschaften in sich zu vereinen und zu stärken. Aber seien wir ehrlich: Im Improalltag müssen wir mit Inselbegabungen leben. Also bedarf es einem (mindestens) einem Geschichtenerzähler, einem Sänger, einem Moderator, einem Figurenspieler, einem Wortspieler, einem energetischen "Advanced-Player" und einem Musiker. Dieser müsste letztlich auch fast alle Eigenschaften in sich vereinen, die beim Schauspiel gefragt sind, nur dass sein Ausdruck die Musik ist. Er sollte ebenfalls Geschichten erzählen können, mal energisch sein, mal sich ausdehnen, mal nur moderieren oder in Songs glänzen. So eng sind Musik und Schauspiel in einer Improtheatershow verbunden. Im Idealfall hat man verschiedene, sich ergänzende Typen auf der Bühne. Sind sich die Akteure alle zu ähnlich, können Facetten fehlen. Man sollte also nicht nur nach Sympathie die Mitspieler wählen - das ist ein großes und wichtiges Kriterium! - sondern auch nach Skills und Typen. Wenn eine Show nicht so läuft, wie man es sich vorgestellt hat, gibt es immer viele Faktoren. Einer davon könnte die Konstellation der Akteure sein.

Dienstag, 8. Januar 2013

Gefahr des Dilettantismus

"Je freier eine Improvisation, desto größer die Gefahr eines peinlichen Dilettantismus. Erfahrene Improvisatoren bauen dementsprechend vor. Zunächst beherrschen sie ihr Instrument (oder die Stimme) auf einem dem klassischen Musiker vergleichbaren Niveau, bzw. übertreffen dieses sogar mitunter in der Virtuosität [...]"
Mahnkopf, Claus-Steffen (2011). "Komposition und Improvisation". In: Aspekte der freien Improvisation in der Musik. Wolke Verlag. S. 90

Die Gefahr und gleichzeitig der Reiz einer freien Improvisation ist, sich in der Freiheit zu verlieren und gar keine erlangen zu können. Unser Gehirn hat den Willen zu Routine und Struktur. So auch das des Zuhörers. Der Mensch will Muster erkennen. Ob man sich welchen hingibt oder nicht, liegt in der Hand des Improvisators. Es bleibt also die alte Frage, wie frei der Mensch wirklich ist. Wenn man Bücher, wie das oben zitierte, über freie Improvisation liest, bekommt man schnell den Eindruck, dass formale Improvisation in Strukturen der Feind ist. Die Realität sieht gewiss anders aus. Die Szene der improvisierenden Zunft in der Musik versucht sich als Gemeinschaft zu sehen, weil sie de facto nicht sehr groß ist.

Analogien zum Improvisationstheater gibt es auch hier. Ich habe festgestellt, dass Improtheatergruppen dazu neigen, nach einer Weile des Grundlagen lernens und der Theatersportspiele nach Keith Johnstone, längere und freiere Formen des improvisierten Theaters spielen wollen. Hier besteht die gleiche Gefahr, wie in der Musik. Ab wann ist ein Spieler denn erfahren genug, sich in eine freie Improvisation zu wagen mit weniger Struktur und Gerüst? Sicher kann man sagen, dass jeder immer alles machen darf und probieren soll, etwas wagen und riskieren, wie es in der Improvisation gewünscht ist. Das Zitat enthält aber noch einen zweiten Teil, den ich auch wichtig finde. Nämlich, dass man sein Instrument beherrscht und für die Freiheit sozusagen vorsorgt. Von einem Impromusiker wird erwartet, dass er auf Zuruf sofort und ohne Spielfehler (!) einen Improsong spielt bzw. dem Spieler ein Harmoniegerüst liefert, auf dem der dann improvisieren kann. (Mehr ist es letztlich ja nicht beim Improtheater - Stegreif Liedbegleitung). Das dann möglichst in sämtlichen Stilen, auch wenn vom Publikum meist nur die üblichen 4 Verdächtigen gerufen werden. Die Größe zu haben, dass auch ein Song mal daneben gehen kann und dass man noch einmal von vorn beginnt, liegt daran, dass man in der Liedbegleitung eine Komposition imitieren will. Die gemeinsame Improvisation soll klingen, wie eine Komposition. Ohne Fehler. Am ehesten noch ohne Fehltritte des Musikers, denn der liefert ja das sichere Netz für den Spieler, der meist versucht durch seinen einfallsreichen Text zu glänzen. Für wirkliche Musik und Improvsation von seiten des Musikers ist meistens kein Raum. Aber daran gewöhnt man sich, wenn man sich auf ein Ziel geeinigt hat. Das ist dann doch die Unterhaltung des Publikums und nicht die Selbstverwirklichung der Künstler. Und das ist im Improtheater auch in Ordnung, hat sie es doch eigentlich nicht geschafft, als wirkliche intellektuelle Kunstform daher zu kommen, sondern durch den verbreiteten Stil nur für direkte, interaktive Unterhaltung zu sorgen. Theoretiker werden mucken und sagen, dass der Ursprung ja auch in der Comedia dell'arte liegt. Sicher tut er das auch, aber das muss ja nicht heißen, dass man etwas nicht in eine andere Richtung weiterentwickeln kann. Wenn der Jazz im Swing stehen geblieben wäre, wäre er heute auch nur gefällige Tanzmusik. Gott sei Dank kam danach der Bebop.

Worauf will ich hinaus? Es bedarf einer Vorbereitung, einer Schärfung seiner Fähigkeiten für die Improvisation. Die meisten Spieler im Improtheater beherrschen nicht einmal die Theatersportspiele richtig und wollen aber in die anspruchsvolle freie Improvisation. Wenn ich das Zitat auf das Theater beziehe, müsste es lauten: "zunächst beherrschen sie das Schauspiel". Improvisierende Musiker haben in den meisten Fällen eine langjährige, professionelle Ausbildung in den Bereichen "Praktisches Spiel", "Theorie", "Harmonielehre", "Rhythmuslehre", "Ausdruck", etc. hinter sich. Auch wenn das viele nicht so wahrnehmen als Schüler. Ein Profi hat ca. 10.000 Stunden übend am Instrument verbracht. Um auf das Zitat zurück zu kommen: Sind denn Improtheaterspieler auf dem Niveau eines klassischen Schauspielers, wenn sie sich in die freien Szenen wagen? Zu wenige sind es. Und warum "dürfen" sie es dennoch: Weil der Anspruch dann doch in den Bereich der Unterhaltung, des Hobbies, des Spaß gezogen wird. Frei nach dem Motto: "Wenn's schief geht, war's nur Spaß". Die Gefahr des Dilettantismus ist größer, als die meisten bemerken. Und diese Gefahr zieht sich durch alle Klassen. Wie ein Kollege richtig behauptete: "Ein klassischer Schauspieler kann auf Grund seiner Ausbildung auf Fertigkeiten zurückgreifen, die ein Laie nur durch Talent oder durch viel Arbeit  ausgleichen kann." Und da müsste sich jeder mal fragen, wieviel Futter er eigentlich mitbringt oder an sich arbeitet. Ansonsten bleibt die Gefahr herum zu dilettieren immens groß, wie bei den meisten. Um einen "Klassiker" übertreffen zu können, bedarf es eben ein Weitergehen, nachdem ich das Niveau erreicht habe. Aber da muss man erstmal hinkommen.


Dienstag, 2. Oktober 2012

Neue Podcasts von FrequenzImpro

Seit ca. zwei Wochen sind neue Folgen der Podcastserie FrequenzImpro von frequenz9.de online. Themen sind "Die Oper" und "Die Emo-Achterbahn" im Improtheater. Zusammen mit meinen Kollegen Georg Weisfeld und Thomas Jäkel haben wir diese beiden "Spiele" analysiert und kommentiert.

Ich frage mich seitdem wir diesen und andere Podcasts veröffentlichen, wieviele Leute das überhaupt hören. Verlässliche Statistiken dazu gibt es nicht. So groß sind die Untriebigkeiten von Bots und anderen automatischen Spamverbreitern, die auch unsere Seiten ansteuern. Zugriffszahlen können auch mehr oder weniger zufällig entstehen. Wirklich zuverlässig sind nur direkte Reaktionen, wie Kommentare oder Mails. Aber die haben wir, hoffentlich bisher, nur sehr selten. Damit hängt dann sicher auch die Häufigkeit der Veröffentlichung zusammen. Denn wenn wenig Feedback von Hörern oder Lesern kommt, ist auch die Motivation geringer, den Aufwand zu betreiben. Ähnlich geht es mir mit meinem Blog hier. Aber zu Reizthemen gab es doch Kommentare. Nur sollte so ein Blog mehr gepflegt sein. Ich sollte das in Angriff nehmen. Nur ist es schwer, damit nicht unserem Podcast zu unterwandern. Es gilt vielleicht dennoch der Satz: "Es gibt nichts Gutes, außer man tut es." In diesem Sinne versuche ich mich mehr zu disziplinieren, denn es gibt soviel zu sagen.

Dienstag, 20. März 2012

Zum Thema Jazz

Fall jemand aus dem Publikum nochmal "Jazz" fordert, kann man hier sein Hintergrundwissen auffrischen und damit nochmal genauer nachhaken:


Die Geschichte des Jazz und seine Strömungen ist ausführlicher in diesem Standardwerk von Joachim-Ernst Berendt erzählt.



Wer mehr über die gesellschaftlichen Hintergründe von Jazzmusikern und die Zeit, in der einzelne Jazzstile gespielt und entwickelt wurden, kommt nicht um Ekkehart Jost herum. Der sympathische Bariton-Saxophonist und emerritierte Musiksoziogloge der Uni Gießen beschreibt spannend und destailliert die sozialen Gründe und Abgründe des Jazz.



Der Rough Guide Jazz ist ein Personenlexikon für Jazz. Das interessante daran ist, dass in den Einträgen auch Discographien zu finden sind. Somit kann man die wichtigsten Platten auch heute noch nachkaufen ohne lange suchen zu müssen. Das Lexikon liest sich sehr angenehm und bleibt somit nicht nur ein Nachschlagewerk.



Jazz-Standards werden populäre Songs und Jazzstücke genannt, die immer wieder neu von Musikern interpretiert werden. Bis heute ist das spielen und improvisieren von und über bekannten Melodien gängige Praxis in den Jazzclubs. 320 Songs werden in diesem Buch vorgestellt, ihre Entstehungsgeschichte erzählt und amüsant interpretiert. Ebenfalls nicht dröge für ein Lexikon, sondern angenehme Lektüre nicht nur zum Nachschlagen!



Eines meiner absoluten Lieblingsbücher über Jazz. Vielleicht weil es eigentlich kein Buch über Jazz, sondern aus Jazz ist. Der Roman handelt von Jazzmusikern und wird von ihnen erzählt. Manche Geschichten in diesem Roman sind sicherlich wahr, einige frei erfunden. Aber der Autor schafft es herrlich die Atmosphäre des Jazz zu zeichnen. Ein sehr berührendes Buch.