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Dienstag, 5. März 2013

Grenzen für Freiheit

Improvisation bedeutet für viele Menschen Freiheit. Doch wenn man sich die Arten der freien Kunst einmal ansieht, stellt man schnell fest, dass es für viele Grenzen gibt, in denen sich entfaltet wird. Ich merke jedes Mal bei meinen Hear and Now Konzerten, dass ich mir selbst Grenzen setze und setzen muss. Eine völlig freie Impro, wie etwa im Free Jazz, ist nicht immer mein Ziel. Ich merke an mir selbst, wie ich in Harmoniemodellen während des Spielens denke. Vor allem in den Feldern, wo die Improvisation nicht sehr atonal und abstrakt klingt. Unweigerlich folge ich Regeln der Harmonielehre. Wird es mir dann zu unbunt, breche ich dieses Muster und lasse ein neues entstehen. Der Kern der Improvisation, je weniger Regeln sie folgt, ist der Bruch. Aufbau und Bruch, neuer Aufbau und wieder Bruch. Zwischendurch gibt es Felder, die gleichmäßig sind und sich wenig verändern.

Ich überlege immer wieder neu, wie ich Neulingen und Schülern die Improvisationstechniken näher bringe. Es gibt viele Herangehensweisen, hunderte Theorien und noch mehr Bücher darüber. Das Wichtigste ist, meiner Meinung nach, dass man sich selbst während des Spiels noch hört und nicht ganz in seinem theorietischen Konstrukt in seinem Kopf bleibt. Sonst ist kein Flow möglich. Es ist immer eine Art Meditation und ein Weg.

Quelle: wikipedia.org
Eine Herangehensweise sind oben beschriebene Grenzen. Wenn ich erst einmal ein kleines überschaubares Feld habe, das ich aus dem Stegreif bearbeiten kann, fühle ich mich nicht so überfordert von der ganzen Freiheit. Somit setze ich Instrumentalisten bewusst musikalische Grenzen. Die einfachste Form der Improvisation ist die melodische auf den schwarzen Tasten des Klaviers, sprich die Pentatonik. Der Klang erinnert die meisten an asiatische Musik. In der Tat folgen viele Musikarten außerhalb der modernen europäischen Musik dem Muster der Pentatonik. Ich gebe dem Schüler zunächst die Aufgabe nur die beiden schwarzen Tasten, die nebeneinander liegen zu nutzen (also c# und d#). Außerdem spiele ich ein Call-and-Response. Ich beginne mit einer musikalischen Frage, der Schüler antwortet mit seinen zwei Tasten. Damit ist dem Chaos noch weiter Einhalt geboten. Im nächsten Schritt probiere ich die drei schwarzen Tasten (also f#, g#, a#). Nun ist schon ein Ton mehr im Vorrat. Auch können alle Zwillinge und Drillinge auf der ganzen Tastatur genutzt werden. Und schließlich alle schwarze Tasten. Dazu spiele ich eine Kadenz in F#-Dur, in der eben die Schwarzen Tasten am meisten klingen. Was erreiche ich damit? Die Improvisation wird nicht sofort atonal. Sie bewegt sich innerhalb einer Tonleiter. Die Begleitung klingt vertraut für das westliche Ohr. Im Grunde sind nur mit mehr als zwei oder drei Tasten kleine Melodien möglich. Davor bleiben es wenig Töne, die mehr oder weniger nur rhythmisch variiert werden können. Auf den gesamten schwarzen Tasten sieht es schon anders aus.

Gehen wir einen Schritt weiter, erkläre ich den Grundaufbau von Akkorden. Falls das noch zu früh für den Schüler sein sollte, ist der Aufbau nicht so wichtig. Ich finde aber, die Kenntnis der Stufentheorie sollte jeder Musikschüler haben. Es genügt, wenn man Griffe zeigt. In der Grundstellung ist der C-Dur Akkord dann c e g, den man gut mit der linken Hand mit 5., 3., 1. Finger greifen kann. Schiebt man nun diesen Griff runter auf a, erhält man automatisch die Grundstellung des A-moll Akkords. Weiter zum f dann den F-Dur und beim g den G-Dur Akkord. Es entsteht mit nur einer Handhaltung eine Kadenz, die jeder schon einmal gehört haben dürfte: C Am F G. Viele Popsongs wurden und werden immer noch mit dieser Akkordfolge geschrieben. Die Comedygruppe "Axis of awesome"haben das mal schön in ihrem Programm gezeigt:



Die einfachste Art ist nun die rhythmische Improvisation auf der Grundtönen der Akkorde, also c, a, f, g. Damit sind noch keine Melodien möglich. Die Erweiterung besteht aus dem Tonvorrat der Akkorde. Damit bekommt jeder Akkord schon einmal drei Töne. Da sie aber in Abständen auseinander liegen, ist auch dies noch keine befriedigende Lösung zum improvisieren einer Melodie. Es klingt etwas nach "Waldhornmusik", wie ich immer sage. Durch die Intervalle bzw. Tonsprünge klingt es so.

Ich gehe einen Schritt weiter und frage nach den ersten drei Tönen der jeweilig zum Akkord passenden Tonleiter. Damit haben wir folgenden Tonvorrat:

C-Dur:  c d e
A-moll: a h c 
F-Dur: f g a
G-Dur: g a h

Durch den Zusammenhang der ersten drei Töne einer Tonleiter sind nun eher Melodien möglich. Wechsle ich die Akkorde direkt hintereinander, kann man gut die verschiedene Töne auf kurzem Weg zu einem Melodiebogen verdinden. Wenn man mag, können auch die fehlenden Quinten noch dazu genommen werden. Dann hat man sogar noch mehr Töne. Oder gleich die ersten fünf Töne der Tonleitern.
Immer unter der Prämisse: Akkorde sind Skalen! Der klingende Akkord gibt also schon vor, was wohl ganz gut dazu passen kann.

Als weiteren Schritt kann man noch in die Transponierung bzw. Imitation gehen. Der Schüler spielt eine kleine Melodie mit den ersten drei Tönen der Tonleiter auf C-Dur, die er sich allerdings auch merken sollte. Auf der A-moll Stufe wird diese Melodie dann einfach wiederholt. Die rhythmische Figur bzw. die Stufen bleiben also die gleichen, nur die Töne sind anders. Damit hat mein ein kleines Motiv erfolgreich transponiert auf die jeweilige Stufe. Eine Technik, die auch im Songwriting oft genutzt wird.

Die Grenzen dann zu öffnen und zu erweitern oder vielleicht ganz zu lösen, steht jedem frei. Für Anfänger, die noch sehr unsicher sind und fragen "Ich soll einfach irgendwas spielen?" ist dies eine Hilfe. Wenn sie Spaß an der Grenze und am eigenen Spiel gefunden haben, stehen den folgenden Erweiterungen nichts mehr im Weg. Sie sollen sich einfach zuhören. EinTipp, der manchmal auch noch weiterhilft: Der Schüler soll Melodien spielen, die er nachsingen könnte. Damit ist man auf einem guten Weg zu einer guten Melodie. Ob es dann auch für alle Beteiligten gut ist, muss man einfach ausprobieren. Improvisation lernt man nur über die Praxis!

Das nächste Hear and Now Konzert spiele ich am 24.03. um 20 Uhr in der Brotfabrik Berlin. Infos gibt es hier.

Samstag, 2. März 2013

Blogparade - Und was machen Sie so beruflich?

Die Blogparade zum Thema Berufsbeschreibung wurde initiiert von Wibke Ladwig von Sinn und Verstand. Ich will mal versuchen, zu beschreiben, was ich eigentlich so beruflich mache.

Das ist ein kleiner Überblick über das, was ich tat und was ich derzeit tue. Bei aller Vielfalt dreht es sich doch hauptsächlich um Musik. Ich kann sagen, dass ich Musiker bin, aber vielmehr tue als nur hinter meinem Instrument zu sitzen.

Musiker

In erster Linie bin ich Musiker. Das ist auch oft meine Antwort auf die Frage nach meinem Beruf. Schon als Schüler bin ich öffentlich mit meiner ersten Band "The Goosepimples" in meinem Geburtsort Wernigerode und Umgebung aufgetreten. Außerdem war ich zu jener Zeit auch Trompeter in der Big Band meiner Musikschule, wo ich u.a. bei Thomas Schicker das Keyboard- und Klavierspiel lernte. Trompete folgte nach den Tasten. Auch solo mit Keyboard spielte ich damals vorwiegend in Hotels. Als ich 2002 in Würzburg mein Studium der Musikwissenschaft, Pädagogik und Soziologie (Magister) begann, spielte ich dort in einer Big Band Trompete und in der Rockband "Paper Boat" Klavier und Keyboard. 2005 ging ich nach Berlin.
2007 hatte ich meine erste Probe mit meiner ersten Improtheater Gruppe "Zwo Drei Vier". Das war der Grundstein für meine bis heute schwerpunktmäßige Arbeit im Bereich Improvisation und Theater. Es folgten Engagements mit zahlreichen Improgruppen in Berlin. Letztlich bin ich festes Ensemblemitglied beim Improtheater Paternoster, für das ich regelmäßig und am häufigsten spiele. Ich mache hauptsächlich Musik, gestalte Szenen musikalisch, gebe die Basis für Songs, moderiere ab und an hnd spiele selbst auch Impro, u.a. in der Theaterklause Brandenburg mit "Verrückte & Verliebte".
2009 begann ich meine Impro Konzertreihe "Hear and Now" in der Kulturfabrik Moabit. Etwas später kam der Schlagzeuger Max Geng hinzu. Die Erweiterung mit Theaterspiel wurde etwa ein Jahr gespielt in der Brotfabrik Berlin. Dort spiele ich nun weiterhin regelmäßig reine Musik Impro Konzerte.
Ich spielte mit der Gitarristin und Sängerin Gabriele Groll unter dem Namen "Central Porks Best" in einem Jazzduo. Zwischen 2007 und 2009 spielte ich mit der französischen Sängerin Marie Giroux das Kabarettprogramm "Cocorico - Die kulturelle Ausnahme" (Text: Thomas Pigor) u.a. in der Ufa-Fabrik Berlin. In zwei Produktionen für Deutschland Radio Kultur spielte ich Klavier.

Theater

Neben dem Improtheater spielen, was öffentliche Shows (mittwochs in der Kulturbrauerei mit Paternoster), Firmenshows und Unternehmenstheater beinhaltet, habe ich mehrere Theaterproduktionem für das NaT-Theater unter der Leitung und Regie von Birgit Liebau gespielt. Dort hatte ich die musikalische Leitung und Kompositionsauftrag für "Der kleine Prinz" und die Theatersoap "Pension Schönes Neukölln" (2 Folgen). Ich habe Lieder und Musik für die Stücke geschrieben und die Proben für und mit weiteren Musikern geleitet. Für eine freie Theatergruppe habe ich in der Zeit (ca 2010) für zwei Stücke Musik geschrieben und Auftritte gespielt.

Unterricht, Workshop, Training

Seit ca zwei Jahren noch bis Juni 2013 unterrichte ich Keyboard und Klavier an einer privaten Musikschule. Außerdem habe ich seit 2009 mehrere Workshops für Improtheater und improvisierte Musik gegeben. Nicht nur offene Workshops in Berlin fanden statt, sondern auch Improgruppen habe ich trainiert. Im Unternehmensbereich habe ich Workshops im Bereich Teambuilding und Kreativität mit Methoden des Improtheaters und Impromusik gegeben. Außerdem gebe ich nach wie vor Privatlunterricht im Klavier und improvisierter Musik. Nach meiner eigenen musikalischen Ausbildung begann ich bereits Unterricht zu geben, u.a. auch für eine Nachwuchsband und Big Band.

Walkact

Für Die Humorpolizei mache ich Publikumsinteraktion und -animation mit einem Kollegen zusammen. In diesem Kontext trete ich auch mit einer Comedyshow auf. Dies meist im Bereich Firmenevents.

Freie Projekte

Unter frequenz9.de veröffentliche ich zusammen mit meinen Kollegen Georg Weisfeld und Thomas Jäkel Podcasts zu Themen wie Kunst & Kultur, Improtheater, Hörspiele und Satire. Ich nehme die Podcasts auf, rede mit und produziere sie im eigenen Studio. Außerdem arbeite ich seit ca 1,5 Jahren mit dem Frankfurter Singer/Songwriter Hektor Nase zusammen und bin hier für die Produktion zuständig.

Sonstiges

Zwar nicht hauptberuflich, aber sehr gern mache ich Grafikdesigns, Print- und Onlinemedien. Ich erstelle Homepages, Plakate, Flyer, etc. Alles Grafische mache ich selbst.



Zur freiberuflichen Tätigkeit als Musiker gehört weit mehr in das Aufgabenfeld, als bloß Musik zu machen. Neben den eigentlichen Auftritten gehört das Selbstmarketing in Sozialen Netzwerken dazu, Werbemittel werden selbst erstellt und aktuell gehalten, die Buchhaltung, Steuererklärung, Angebote schreiben, neue Workshops konzipieren, Proben, Unterricht geben, Blog schreiben....
Nur mit der Kerntätigkeit würde es wahrscheinlich nicht möglich sein, selbstständig in diesem Job zu arbeiten. Dass ich einmal Musikwissenschaft studiert habe, ist für meinen Job nur am Rande relevant. Im Bereich Weiterbildung und Unterricht hat es direkten Einfluss gehabt. Aber dennoch ist das theoretische Wissen immer auch relevant für die eigene Praxis.

Vielleicht noch eine kleine interessante Sache: Wenn ich Fremden Sage, dass ich Musiker bin, haben viele gleich diese Assoziationen von Bandmusik, Rock'n'Roll etc. Sage ich, dass ich Pianist sei, denken sie an Philharmonie und Klassik. Jazzmusiker sind irgendwo dazwischen. Aber eine Frage schließt sich immer an: "Und, kannst du davon leben?"

Und was macht Ihr so beruflich?