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Samstag, 5. Januar 2013

Frickeleien, Egos und Jamsessions

Ich muss zugeben, dass ich nicht sehr viel auf öffentlichen Jamsessions war bisher. Aber die wenigen, die ich gespielt habe, hatten mir gereicht. Es gibt verschiedene Ebenen, die auf unterschiedliche Weise problematisch sind. Zum einen hatte ich lange gelaubt, dass es bei Sessions um das Improvisieren geht. Also um das "Sich finden im gemeinsamen Spiel". Habe dann aber feststellen müssen, dass doch Kompositionen herangezogen werden, die gemeinsam vorgespielt werden. Unterbrochen von dem einen oder anderen Solo, das dann improvisiert wird. Nun heißt das Argument "Gemeinsamer Nenner". Ok, das sehe ich ein, langweilt mich aber zu tode. Da hat man geballte musikalische Kraft und Diversität an einem Ort, um sich dann Leadsheets entlang zu hangeln oder im schlimmsten Fall bei jeder Session den gleichen Song zu performen?! Problematisch ist zum anderen die Haltung der anderen Musiker gegenüber. Es ist anscheinend üblich, dass eine festere Gruppe die Session eröffnet. Meist mit einem kurzen Set von Stücken. Teilnehmer der anschließenden Session sitzen oft schon mit kribbligen Fingern im Publikum. Ich habe es erlebt, dass eine solche beginnende Sessionband schon ihrem Set so verfrickelt spielte, dass es unerträglich war, ihr zuzuhören. Getopt wurde das Ganze dann in der eigentlichen Session, wo diese Frickelei noch ergänzt wurde durch Frickelei von anderen Musikern außerhalb der Band. Wenn sie überhaupt an den Amp anschließen oder die Drums mitbenutzen durften. Es war eine große, laute, unansehnlich und unanhörliche Egonummer, in der keiner auf den anderen hörte und ein längst abgespielter Evergreen kaputt gefrickelt wurde. Ein unschöner Abend, ein unschönes Erlebnis. Vielleicht hätte ich den Begriff Jamsession vorher mal googlen sollen. Ich hatte jedenfalls eine andere Definition von Jamming und Session, gebe aber zu, dass ein Plan oder zumindest eine Führung innerhalb eines solchen Rahmens hilfreich sein kann. Die Profilierwut einiger Musiker führte aber zu einer Kollektivmasturbation und nicht zu einem Spiel, dass auch dem Publikum wirklich Spaß macht. Es wurde dann doch Leistungssport, Clownerie und Egoismus auf dem Rücken von mehr oder weniger bekannten Songs.

In der letzten Session, die ich mitgespielt habe, wurden zunächst auch einige Songs gespielt. Mir wurden die Akkorde zugerufen und los ging's. Ich mühte mich reichlich mein E-Piano zu hören und schmiss ein paar Harmonien in den dichten Wald aus Schlagzeug, Bass, Gitarre, Saxophon und Gesang. Nach einigen Songs schlug ich vor, einfach mal zu jammen. Unsicherheit machte sich breit, weil ich keinen Song vorschlug. Aber ich ermunterte den Drummer einfach einen Beat zu spielen, auf den er Bock hat. Der Bassist setzte dazu ein Riff und ich ergänzte mit Harmonien. Echte Improvisation. Es ging plötzlich um das wirkliche Zuhören, um die Musik. Alles war leiser, weil auf der Suche. Man war gezwungen, dem anderen zuzuhören. Als dann der Saxophonist soliert und wir uns beide kurze Phrasen hin und herwarfen, ging es wirklich nur noch um Musik. Um das Eigentliche. Um das, wovon ich gedacht hatte, darum geht es immer in Jamsessions. Das war ein befriedigender Abend voller Musik, an dem ich letztlich sogar mit einem anderen Pianisten zu zweit am Klavier saß und zusammen spielte. Und wir hatten beide Platz auf der Klavierbank.