Weihnachten rückt immer näher, viele haben schon die Schnauze voll vom Feiertagvorbereiten. Und Weihnachtslieder kann auch niemand mehr hören. Deshalb gibt es Hear and Now morgen am 4. Advent auch ganz unweihnachtlich. Ich hatte vor einige Aussagen zum Fest der Liebe zu sampeln, aber es fanden sich nicht genug Menschen, die ihren Teil beitragen wollten. Und wirklich investigativ losziehen wollte ich dann auch nicht. Also gibt's keine Sprachsamples.
Ich werde wohl eher etwas aus der Sample Library Geosonics von Soniccouture vorbereiten. Die haben sich nämlich die Mühe gemacht und überall auf der Welt an ungewöhnlichen Ort Fieldrecording zu betreiben. Von Sahara bis Eiswüste ist alles dabei.
Außerdem haben die Soundtüftler ein Klavier ungewöhnlich bearbeitet und gesamplet. Einmal mit Bogen gespielt oder gezupft, gedämpft, mit Metal oder anderen Werkzeugen. Interessante Klänge sind da heraus gekommen beim Xtended Piano. Da wird sich dann auch was für das Konzert finden. Gesetz dem Fall, ich bekomme meinen verliehenen Sampler rechtzeitig bis morgen zurück. Sonst spiele ich doch Jingle Bells in Dauerschleife. Das habt Ihr nun davon. Schöne Beschwerung!
Hear and Now Concert Improv 22.12.2013 20 Uhr Brotfabrik Berlin
Am 15. Februar wird es einen Kombi Workshop für Improtheater und Impromusik in Berlin geben. Gemeinsam mit meinem geschätzten Kollegen Thomas Jäkel werde ich mich dem Genre Country & Western widmen. Thomas unterstützt mich dabei im Bereich des Film- und Bühnengenres. Ich werde meinen Teil in der Szenenmusik und den Songs beitragen. Da wir beide schon eine geraume Zeit zusammen mit Georg Weisfeld einen Impro Podcast produzieren, wollten wir nun auch mal mehr in die Praxis mit anderen einsteigen. Da Western ein sehr beliebtes Genre in Improshows ist, war es uns eine Herzensangelegenheit, mit diesem unsere Kombi Workshop Reihe zu beginnen. Es warten ja noch unzählige Genres auf uns.
Wenn Ihr schnell seid, könnt ihr bis 31.12. vom Frühbucher Rabatt profitieren und nur 72,90 Euro, statt 90 Euro zahlen. Kann man auch herrlich verschenken an einen Improkollegen eures Herzens.
Als Musiker für Improvisationstheater und Interessierter im Bereich Filmmusik gehe ich ständig der Frage nach, wie Scoring und Soundtrack im Film funktioniert und wie ich es auf der Theaterbühne um- und einsetzen kann. Am heimischen PC statte ich mich nun schon längere Zeit mit entsprechenden virtuellen Instrumenten aus. Die neueste Anschaffung ist ein Streichorchester. Die Entwickler von CineSamples haben sich der Filmmusik verschrieben und samplen Instrumente für diesen Zweck. Ich hatte mir vor einiger Zeit bereits CineOrchestra zugelegt. Sozusagen die Schnell-Variante, um Orchesterflächen herzustellen. In meinem älteren Artikel über Filmmusik kam es zum Einsatz neben den Trommel-Samples von Drums of War 2 (Der Titel sagt ja schon alles.). Nun habe ich beim Release von CineStrings zugeschlagen. Es gibt viele Diskussionen im Netz drarüber, welche String Library nun die beste für Filmmusik wäre und welche am besten klingt. Der Preis ist immer ein Kriterium. Und da CineSamples hier für mich das beste Preis-Leistungs-Verhältnis hatte, gönnte ich mir mein vorgezogenes Weihnachtsgeschenk. Die Entwickler haben bei dieser Library darauf geachtet, sämtliche Artikulation zu samplen, die auf Streichinstrumenten möglich sind und beim Komponieren wichtig sein können. Von Legato bis Col Legno ist alles dabei und klingt wirklich top. Eine Einführung in dieses VST gibt es in diesem Video:
Ich werde hier sicher nicht ausführlich alles darlegen können, aber ich möchte eine kleine Sammlung zeigen. Es werden sicher noch weitere Artikel zu diesem Thema folgen. Gern könnt Ihr in den Kommentaren ergänzen!
Harmonik
Die Harmonik beschäftigt mich schon sehr lange in Soundtracks. Dabei fiel mir auf, dass ich schon länger das anwende, was in Filmen musikalisch geschieht. Man muss unterscheiden, ob Musik Fläche und Suspense ist oder dramaturgisch einwirkt. Eine der oberen Prämissen beim Film ist, den Klang so lange es geht im wagen zu halten. Offene Akkorde ohne Terz ermöglichen das, da sie kein Tongeschlecht definieren. Weder Moll noch Dur ist hörbar. So kann der Zuschauer nicht in eine Richtung gelenkt werden. Die Herausforderung hierbei ist, die Akkorde und Kadenzen dennoch interessant zu gestalten. Quarten wirken hier sehr öffnend. Ein 4/7/9 Akkord klingt offen und kann beispielsweise mit Streichern oder Klavier sehr gut gehalten werden. Auch Arpeggio ist hier möglich. Je nach Spielsituation. Man muss sich der Wirkung von Akkorden sehr bewusst sein, um als Musiker auch dramaturgisch bewusste Entscheidungen zu treffen. Deshalb sei es immer geraten, viel zu spielen und zu hören, was wie wirkt. Ich versuche einige Wirkungen in Kürze zusammen zu fassen.
Einzelne Akkorde
Akkorde ohne Terz - wirken unbestimmt und offener Nicht alterierte Erweiterungen Quarte, Septime, None, etc. - klingen weich, offen und undefiniert Alterierte Erweiterungen, wie z.B. b9 oder #11 - färben den Klang in verschiedene Richtungen, Ausprobieren! Moll mit großer Septime - Krimi/Suspense-Akkord, spannungsvoll, unerwartet Moll mit #5 und großer Septime - Suspense, spannungsvoll, geheimnissvoll Vermindert - klassisch, bedrängend bis bedrohlich Übermäßig - märchenhaft, offen, positiv
Kadenzen
Quartverbindungen - offen, fast unendlich steigerbar Terzverbindungen, z.B. C | Em - melancholisch, weit, traurig, sehnsüchtig Terzverbindungen Mollakkorde, z.B. Gm | Em oder Gm | Ebm - bedrohlich, mächtig, stark, düster Moll-Tonika | Dur-Subdominante, z.B. Gm | C - melancholisch, öffnend, geheimnisvoll
Intervalle
Tritonus - gefährlich, bedrohlich, stark, kraftvoll Sekunden - beklemmend, ängstlich, bedrohlich Quarten - offen, unbestimmt (Quarten aufwärts sind gern in Fanfaren, Militär- und Science Fiction-Filmen genommen) Sexten - Zweistimmigkeiten mit Sexten wirken in Dur sehr positiv bis kitschisch, in Moll sehnsüchtig, melancholisch bis kitschich kleine Septime - modern, jugendlich, verwegen
Intervalle können als Tonsprünge oder Mehrstimmigkeiten eingesetzt werden und wirken je nach Anwendung dann unterschiedlich. Ausprobieren!
Klangfarbe
Die Klangfarbe ist entscheidend für das Bild, das man malen will. In Filmen wird oft mit Orchester gearbeitet. Vor allem Streicher kommen immer wieder zum Einsatz. Je nach Stil arbeitet man mit Leitmotiv. Blechbläser verstärken sehr viel. Dramatik und Action wird meist mit viel lautem Blech unterstützt. Aber auch Solo Klavier ist immer mehr zu hören und beliebt. Auf der Bühne benutze ich viel Klavier, Streicher, Orchester, aber auch mal Gitarre, E-Piano, Synthesizer Sounds. Auch ein Solobass kann reizvoll bei der Gestaltung einer Szene sein. Meine Instrumentenwahl begründet sich oft damit, dass ich gern akkordisch spiele. Das macht mit einer Flöte oder Solo Trompete nicht so viel Sinn. Aber dennoch kann es reizvoll sein, eine Szene mit einem Solo-Instrument auszustatten. In Phantasie oder mystischen Szenen benutze ich gern eine Celesta in Kombination mit Streichern oder Pizzicato Streichern. Dramatik kann mit staccato und marcato Streichern unterstützt werden. Man ist immer frei in der Wahl der Klangfarbe und doch nicht. Es kommt drauf an, ob man einige Klischees mitgehen möchte, weil sie zum Genre gehören oder der Sache gut tun. Auf Teufel komm raus eine andere Klangfarbe zu wählen, weil man sich gegen den Hollywood Sound sträubt, ist auch nicht immer angebracht.
Rhythmik
In großen Hollywoodstreifen hört man epische Trommeln. Gern wird da auf japanische Taikos oder anderes exotisches Schlagwerk zurück gegriffen. Auch sehr tiefe Subdrums kommen zum Einsatz. Trommeln treiben an. Ein 3/8 oder anderer triolischer Rhythmus unterstützt Action und Drama. Kombiniert mit staccato spielenden Streichern und Blechbläsern hat man schnell den treibenden Sound, den man aus großen Filmen kennt. Wendet man dann noch die typische Harmonik an, steht dem Heldenabenteuer nichts mehr im Wege. Bei der Filmmusik, die mit Klavier gestaltet wird, entdecke ich den Trend, in der linken Hand Duolen zu spielen und in der rechten Hand die Triolen schnellen zu lassen. Das hat den Hintergrund, dass man zunächst scheinbar langsam beginnt und mit den Triolen eine Steigerungsmöglichkeit hat. Das relativ ruhige wechseln von zwei Tönen verrät noch nicht den triolischen, treibenden Charakter, der später folgen kann. Dies funktioniert natürlich auch mit anderen Instrumenten, z.B. auch mit Celli.
Suspense
Um Spannung zu erzeugen oder den Spielern einen Teppich zu geben, auf dem sie agieren, ist Suspense unabdingbar. Ich bin zwar kein großer Freund vom Zukleistern von Szenen, aber manchmal ist Suspense angebracht und hilft weiter. Oft reicht schon ein einzelner Ton. Beliebt ist ein hoher Streicher oder auch ein tiefer, der jedoch schnell nach Spannung klingt. Manchmal setze ich kurze Akzente mit einem Klavier. Je nach Charakter der Szene muss das nicht harmonisch offen sein, sondern kann färben, wie in einem Krimi z.B.
Interessant wird Filmmusik aber durch einen individuellen Touch. Also darf man sich nicht scheuen, etwas auszuprobieren. Immer nur die Prototypen zu bedienen ist auf Dauer langweilig. Ein eigenes Leitmotiv zu entwickeln macht Spaß´und verschiedene Klangfarben zu benutzen auch. Das sollte Prämisse bleiben, um sich selbst weiter frisch zu halten und sich nicht auf Dauer zu langweilen.
Ich probiere diese Sachen beim Improtheater Paternoster aus. Wir spielen eine Langform (Dein Held - Deine Geschichte) jeden Mittwoch im Maschinenhaus der Kultubrauerei in Berlin. Eine klassische Heldenreise, in dem ich als Musiker die Möglichkeit habe, das anzuwenden, was Ihr hier oben lesen konntet. Dort spiele ich mit meinem Roland GW8 Keyboard und einem Roland SP 404 Sampler. Vielleicht sehen wir uns dort einmal und können über diese Dinge live diskutieren.
Außerdem werde ich 2014 Workshops für Musiker anbieten, die Lust haben, sich in diesem Bereich weiterzuentwickeln und sich auszutauschen. Schaut einfach mal auf improworkshop.com
Am 22. Dezember spielen wir das letzte Hear and Now Konzert für dieses Jahr. Ich habe viel ausprobiert und immer wieder mit Samples gearbeitet bei den vergangenen Auftritten. Auch bei dem Weihnachtskonzert sollen Samples zum Einsatz kommen. Und da es kein klassisches Weihnachtskonzert werden soll, sammle Audio-Samples von Menschen. Ich hatte bereits bei Facebook darum gebeten, mir Sounddateien zu zusenden mit der Antwort auf die Frage "Was verbindest Du mit Weihnachten?". Alles ist erlaubt. Positives, negatives, genervtes, gelangweiltes, begeistertes, besinnliches. Es genügt ein kurzes Statement. Diese Sätze werden als Soundsamples im Hear and Now Konzert am 22.12. verwendet. Es sind also viele Leute beteiligt beim Jahresabschluss. Wenn denn viele mitmachen. Bisher ist die Beteiligung nicht hoch. Aber ich bin zuversichtlich.
Falls Ihr Teil des nächsten Konzerts sein wollt, sendet eine Audiodatei mit Eurer Antwort an mail@hear-and-now.com.
Ich würde mich sehr freuen und wünsche einen schönen Advent!
Beginne mit einem Tonsprung auf- oder abwärts. Das wird dich zu Melodien inspirieren, statt auf einem Ton zu bleiben.
Der Text muss sich nicht reimen.
Singe Vokale aus (also ziehe sie in Melodien hinein), damit gewinnst Du Zeit beim Texten
Probiere verschiedene Reimschemata. Beispiel: Versuche Zeile 1 bis 3 nicht zu reimen. Wiederhole als vierte Zeile die Zeile 3 und versuche sie mit einer kleinen Variation enden zu lassen.
Reime und singe so oft Du kannst.
Singe komponierte Lieder. Sie inspirieren Dich in deinen Ideen für Impro-Songs.
Summe im Intro bereits mit, um Deine Tonlage zu finden und erste Ideen für die Melodie zu entwickeln.
Entdecke Rhythmen in Worten und variiere sie. Beginne mit dem eigenen Namen.
Probiere Pop-Phrasen, wie "Yeah, Yeah", "Schubidu" oder "Baby, Baby".
Die Musik trägt Dich.
Nimm Dir Zeit und lass die Begleitung spielen, wenn Du nicht inspiriert bist oder den Einstieg nicht findest.
Mit Frequenz9 haben wir eine Folge zum Thema "Musik in improvisierten Theaterszenen" aufgneommen. Ich habe auch ein paar Musikbeispiele live mit eingespielt zur Veranschaulichung. Ich denke, es sind ein paar spannende Erkenntnisse dabei. Hört doch mal rein:
Für meine Hear and Now Konzerte lasse ich mir gern Inspirationen im Vorhinein geben. Über Facebook meist. Die Mottos lauteten von "Dark Didge Ambient", "Summer Lounge" bis "Hypnotic Autumn". Damit hat das Publikum schon vor dem eigentlichen Konzert die Möglichkeit das Ganze mitzubeeinflussen. Dieses Mal kam zwar von außen kein Vorschlag, jedoch spielen wir am 7. November ausnahmsweise auf der Probebühne der Brotfabrik. Diese befindet sich quasi unter dem Dach über der Hauptbühne und ist etwas kleiner. Der kleinere Raum und intimiere Rahmen inspirierte mich zu dem Untertitel "Intimate".
Das Improvisieren beginnt für mich auf Grund der Mottos, die schon vorher feststehen, viel früher. Da ich mit Samples arbeite, hatte ich mich irgendwann dazu entschlossen, diese eher thematisch anzulegen. "Ethnic Space" inspirierte zu Weltall-Sounds und Percussion. "Black Hole" zu Tropfen und Höhlenklängen. Die Samples geben die klangliche Umgebung. Soundscapes, die mit der Inspiration spielen. Musikalisch möchte ich meist frei bleiben. Daher sind die Samples meist weniger tonal. Die vergangenen Konzerte können bei soundcloud in voller Länge nachgehört werden.
Für "Intimate" assozierte ich einen engen, kleinen Raum. Nahe Beziehung, Intimität im direkten Sinne. Die direkte Ansprache oder der Dialog zwischen zwei Menschen kann in solch einem kleineren Raum als intim empfunden werden. Filmdialoge und andere Sprachsamples werden die Klangumgebung färben. Auch ein Uhrenticken oder ein Kaminfeuer untersützt für mich dieses Motto.
Das Improvisieren hat für mich heute abend schon begonnen.
Mich haben schon öfters Musiker, die beim Improtheater die Musik machen, gefragt, was sie spielen sollen oder was sie noch anders machen können, wenn sie Lieder improvisieren. Was sie spielen sollen, habe ich ihnen natürlich nicht gesagt. Immerhin widerspräche das der Natur der Improvisation. Aber ich habe weniger erfahrenen Musikern immer nahegelegt, sich mit der Stufentheorie zu beschäftigen. Diese hier im Detail zu erklären würde zu weit führen. Ich möchte es kurz machen und ein kleines Beispiel bringen.
Wir nehmen der Einfachheit halber die Tonart C-Dur. Die Tonleiter wird aus diesen Tönen gebildet:
c d e f g a h c
Jeder Ton entspricht einer Stufe, die durch nummeriert wird. C ist Stufe I. D Stufe II usw.
Daraus kann man Tonleiter eigene Akkorde bauen. Auf dem Klavier sieht das am einfachsten aus und ist gut nachzuvollziehen. Lässt man eine weiße Taste frei, so ergeben sich schon die Tonleiter eigenen Akkorde.
Es ergeben sich Akkorde mit folgender Bezeichnung:
Stufe I: C
Stufe II: Dm
Stufe III: Em
Stufe IV: F
Stufe V: G
Stufe VI: Am
Stufe VII: H verm.
Stufe VIII = Stufe I
Dies sind die Bausteine für unsere improvisierte Liedbegleitung. Nichts anderes sind Improsongs im Improtheater. Eine Grundregel sei vorweg noch erklärt. Die Beziehung der Stufe I und Stufe V ist am prägnantesten. Stufe V (G) wird auch als Dominante bezeichnet und führt immer wieder zu Stufe I (C), der Tonika, zurück. Oft wird die V auch mit einer kleinen Septime erweitert und wird damit zum Dominant-Sept-Akkord G7. Auch ist zu berücksichtigen, dass jeder Akkord die Dominante einer Tonart sein kann. Meist in Dur und noch verstärkerter mit der kleinen Septime als Dominant-Septakkord. Zu meinem Beispiel. Hier die Übersicht:
Teil A ||: C | Em | F | G7 :||
Teil B
||: C | F | Am | G7 | :||
Teil A könnte als Strophe fungieren, Teil B als Refrain. Die Kombinationen, die ich gewählt habe stammen einzig aus den Tonleiter eigenen Akkorden. Das G7 am Ende fürt wieder zum Anfang der Schleife, auch Turn-Arounds genannt. Das macht es den Improspielern leicht, zu merken, wo der Anfang und wann eine Schleife vorbei ist. Auch im B-Teil habe ich auf Eindeutigkeit geachtet. So ist der Refrain nur eine kleine Abwandlung der Strophe. Will man es unerfahrenen Improspielern leichter machen, spielt man die Dominante (oder Stufe V des Folgeakkords) sogar bis zu einem oder zwei Takten lang. Da die kleine Septime so sehr nach Auflösung drängt, weiß eigentlich jeder, welcher Akkord folgen muss. Das haben wir bereits bei den einfachsten Volks- und Kinderliedern gelernt und ist kaum aus unseren Hirnen zu streichen.
Ein weiteres Beispiel
Teil A
||: Am | Em | F | G :||
Teil B
||: C | Dm | G | C :||
Hier habe ich mit der Stufe VI begonnen und es existiert auf den ersten Blick nicht wirklich die V-I-Verbindung. Da Am jedoch die parallele Moll-Tonart von C-Dur ist, mit den selben (fehlenden) Vorzeichen, sind sie verwand. G ist immer noch ein geschmeidiger Übergang zu Am, da die Akkorde immer noch Tonleiter eigen sind. Will man es ganz klassisch genau nehmen, könnte man auch G ersetzen mit der Stufe V der Tonart a-moll, aber das würde hier zu weit führen. E ist dann die Dominante in Am und führt noch eindeutiger zurück zur Tonika, der Stufe I. Wir bleiben aber bei C-Dur. In Teil B beginne ich mit C. Das passt hervorragend zum Teil A, da er mit G, also der Stufe V, endet. Diese führt laut Theorie perfekt zur Stufe I, C-Dur. Es schließt sich eine Kombination aus I-II-V-I an. Diese Verbindung ist widerum sehr beliebt in Jazz, Pop, Schlager und vielen anderen Genres. Auch hier gibt es wieder eine V vor der I und alle Akkorde sind Leiter eigen.
Es sind sehr viele Kombinationen nur mit dieser einen Tonart möglich. Sie ist in allen Stilen verwendbar. Man muss nur das Begleitpattern anpassen oder, falls ihr mit Begleitautomatik eines Keyboards spielt, einfach mit anderen Styles zu spielen.
In andere Tonarten wechseln
Das ist recht einfach. Wir müssen nur die Beziehung der Stufe I und V beachten. Da die V immer zur I führt, können wir theoretisch aus jedem Akkord eine Dominante machen. Ein Beispiel:
C-Dur: C | Dm | G | Am - (D-Dur) A7 | D | Em | A | D
Aus der Stufe VI von C-Dur (a-moll) mache ich einfach ein A-Dur. A-Dur ist die Stufe V von D-Dur. Damit ist der Weg bereitet für den Tonartwechsel zu D-Dur. Dies kann innerhalb eines Turnarounds oder beim improvisieren von zwei verschieden musikalischen Teilen interessant sein. Ein einfaches Hilfsmittel.
Probiert es aus. Es gibt viel zu entdecken. Aber denkt dran: Selbst wenn ihr diese Kadenzen übt, improvisiert auf der Bühne und bleibt nicht in Schleifen stecken, die ihr dann aus einer Unsicherheit heraus immer wieder spielt. Das langweilt schnell alle. Vor allem Euch selbst! Um neue Kadenzen zu entdecken, improvisiert nicht nur, sondern spielt Kompositionen und schaut, was interessant und spannend klingt.
Das letzte Hear and Now lief unter dem Motto "Hypnotic Autumn". Ich habe dieses Mal tonale Samples benutzt. Eine Sopranstimme sang verschiedene Phrasen. Die Tonart habe ich erst vor Ort gecheckt. Es ist ja generell alles spielbar. Angenehm fand ich das Cis bzw. Des der Stimme dann doch nicht so. Aber es ist immer ein schmaler Grat zwischen Inspiration und Einengung. Ähnlich wie beim Zusammenspiel mit Didgeridoo, das auch auf einen Grundton beschränkt ist. Es kam mir entgegen, dass ich das gemeinsame Improvisieren mit einem Grundton schon gewohnt bin. Im ersten Moment fühlte es sich auch hier wie Einengung an. Aber wie bei der Impro üblich, wird es erst dann gut, wenn man sich auf Impulse einlässt. Sonst wird es keine Option, sondern als falsch wahrgenommen. Diese Hürde hatte ich mir mit den tonalen Samples selbst gebaut. War aber schlussendlich kein Problem. Ausgehen von einer Tonart, kann man die Skala ja auch anpassen und zu interessanten Ergebnissen kommen.
Einen kleinen Mitschnitt seht ihr hier:
Instant Composing oder Improv Concert
Bei der Recherche im Internet nach Auftrittsorten und Workshops fiel mir auf, dass oft gar nicht so gern von Improvisation gesprochen wird. Viele schreckt der Begriff wohl eher ab. Vor allem bei Workshops. Vielmehr wird in der Szene der Begriff "Instant Composing" benutzt. Wenn ich mir das Konzept von Hear and Now einmal durchdenke, dann sind wir mit der tonalen Improvisation auch eher an einer scheinbaren Komposition, zieht man einmal eine Nicht-Profi-Meinung heran. Es wirkt doch komponiert, da die musikalische Form und Rahmen mitimprovisiert werden und ich gebunden an Tonarten spiele. Es ist nicht frei und atonal. Das macht es mir immer wieder schwer in der Impro-Szene und in der Jazz-Szene zugleich. Zu wenig atonal, zu wenig Jazz, aber improvisiert. Dennoch bleibe ich beim Begriff des "Concert Improv". Denn Konzert ist es allemal und Impro bzw. Improv dann doch landläufig bekannter. In einer Beschreibung des Konzerts beide Begrifflichkeiten zu verwenden ist, meiner Ansicht nach, nicht falsch. Beinhaltet es die Ebenen "Spontaneität (Impro)", "Concert (die Aufführungsform)", "Instant (der Moment)", "Composing (Struktur und Festigkeit)". Somit wäre es der Versuch die so rivalisierenden Lager der Improvisation und Komposition zusammenzuführen. Das beste aus beiden Welten, so man meint. Beides in einem Titel wäre dann doch zu lang und konstruiert. Tue ich mich ja schon schwer es zu bezeichnen. "Instant Composing Concert Improv Performance" klingt dann doch zu gewollt. Wer weiß, vielleicht bewegt es sich ja irgendwann auch im Titel zum Instant Composing.
Das nächste Hear and Now findet am Donnerstag, den 7. November um 20 Uhr statt. Dieses Mal dann auf der kleineren Probebühne der Brotfabrik. Das verspricht einen intimeren Rahmen und Sound.
Am 11. und 12. Oktober fand in der Brotfabrik Berlin das 24 Stunden Theater statt. Am Freitag um 18 Uhr lernten sich alle Beteiligten erstmals kennen. Mit dabei waren 4 Autoren, 4 Regisseure, 8 Schauspieler und ich als Musiker. Um 20 Uhr stellten sich alle in der Eröffnungsshow vor. Die Autoren lasen etwas von sich, die Regisseure wurden interviewt, die Schauspieler spielten ein Solo vor und ich sang drei Songs aus der "Pension Schönes Neukölln"-Produktion. Die Autoren und Regisseure wurden per Zufall zueinander gelost. Die Schauspieler wurden nach ihrem "Vorsprechen" von den Autor-Regie-Teams ausgwählt. Außerdem wurde ich musikalisch interviewt vom Moderator Thomas. Er stellte fragen, ich antwortete auf dem Klavier. Seht selbst:
Die vier Regisseure
Zu guter Letzt sollte der Höhepunkt kommen. Eigentlich ist die Tageszeitung taz aus Berlin Medienpartner und liefert die textliche Basis der vier Kurzdramen und Songs. Doch es kam alles ganz anders. Der Praktikant brachte einen Stapel des Kaufland Werbeblättchens "Der Tip der Woche" mit auf die Bühne. Was alle zunächst für einen Scherz hielten, stellte sich schnell als Ernst heraus. Die taz hatte schlichtweg etwas vergeigt und es wurde nur der Tip geliefert. Also kein Scherz. Ich hatte mich schon sehr auf die zwei Doppelseiten dieser guten Zeitung gefreut. Naja, man kann ja aus alles etwas machen. Vor allem, wenn man Improvisation gewohnt ist. Also diente dieses Werbeblättchen für 24 Stunden Theater.
In einem Stück hatte ich die Rolle des DJ's von außen eingesprochen.
Ab ca. 23 Uhr hatten wir nun Zeit bis zum nächsten Abend. Also ich hatte soviel Zeit. Die Autoren nur bis 8 Uhr früh. Dann wurde das erste Mal gelesen und die Schauspieler durften mit dem Text Lernen beginnen. Ich entschied mich gleich loszulegen und lieber in der Nacht zu schreiben. Bis 4 Uhr arbeitete ich an zwei Stücken. Das dritte schrieb ich dann am Samstag fertig. Immerhin brauchten zwei Regisseurinnen noch etwas musikalische Unterstützung. Es war dann doch alles Zeit intensiv. Ich schrieb zwei Lieder und ein Instrumentalstück.
Für das erste Lied sammelte ich die Slogans aus dem Prospekt. Kaufland wirbt mit Zeilen wie "Für Zuckerbäcker. Für Genießer. Für alle.". Daraufhin titelte ich den Song "Für alle.". Hier die Liveaufnahme:
Für das zweite Lied ließ ich mich durch die Milchwerbung im Prospekt inspirieren und stelle die Milchproduktion in Frage. Ich nannte das Lied "Weißes Gold" und versuchte das, was Milchkühen industriell angetan wird, auf den Menschen anzuwenden. Hier der Livemitschnitt:
Notation zu "Die kleinen Preise"
Als drittes Stück komponierte ich instrumental auf Basis der ersten fünf Seiten des Prospekts. Ich nahm die Zahlen der Preisangaben und übersetzte sie in Töne. Ausgangsbasis war die C-Dur Tonleiter mit ihren 12 Halbtönen. So ergab sich aus der Zahl 1 der Ton C oder aus Zahl 8 der Akkord G-moll. Es wurde ein Mischung aus Bezug auf Melodieton oder ganzer Harmonie. In jedem Klang steckt also in jedem Fall der Preis. Ich nannte die Komposition "Die kleinen Preise".
Hier der Live-Mitschnitt:
Die vier Kurzdramen waren durchwachsen. Mir gefielen zwei der Stücke sehr gut. In Anbetracht der sehr kurzen Zeit für Schreiben, Text lernen, Inszenieren und Aufführen war es in jedem Fall eine sehr gute Leistung. Ich empfand den Zeitdruck als nicht so stressig. Im Gegenteil: Ich arbeite gern mit Deadlines und Zielen. Auftragsarbeiten fallen mir leichter, als aus dem Nichts heraus ein Lied zu schreiben. Die Vorlage des Prospekts fand ich im Nachhinein gar nicht so schlecht. Es klingt halt besser, wenn die taz die Grundlage ist. Nun gut. Mir hat es viel Spaß gemacht und war schon das zweite Projekt mit "Zeithintergrund" neben dem Impromarathon im April. Ich würde es wieder tun. Die Zusammenarbeit mit den Regisseurinnen machte mir viel Freude. Ich arbeite gern mit Menschen, die klare Vorstellungen haben und einem dennoch Freiheit lassen. Da ist Vertrauen die Basis und die war da. Auch wenn nicht alles klappte, was wir in den zwei Stunden gemeinsamer Proben entstehen ließen. Ein Format, das sehr spannend ist. Ich freue mich auf die nächste Ausgabe.